Norwegen

Norwegen wir kommen

Weiter geht es in Richtung Norwegen. Da auch Norwegen zum Schengenraum gehört, ist auch hier nicht viel von einer Grenze zu spüren. Somit sind wir vom Schwarzen Meer bis zum äussersten Norden Europas gefahren, ohne einmal einen Ausweis zeigen zu müssen. Stellt euch mal vor, wie das noch vor 20 Jahren gewesen wäre!

 

Die Landschaft ändert sich kurz hinter der Grenze schlagartig. Die Felsrücken verwandeln sich zu ausgemachten Bergrücken und gleichzeitig tauchen die ersten Fjorde auf. Leider ändert sich auch das Wetter. Im flachen Finnland sind die Wolken immer nur durchgezogen. Kein Berg hat sie aufgehalten. Der Regen kam, regnete 5 Minuten und war auch schon wieder weg. Doch hier in Norwegen hat es Berge! Entsprechend nieselt es die ganze Zeit. Dazu kommt noch ein kräftiger bis stürmischer Nordwestwind, der das Autofahren anstrengend macht.

Der kalte Krieg lebt

Unsere erste Etappe führt uns nach Grense Jakobselv. Ein Ort? Nein, 2 Häuser und eine Kirche! Dennoch man findet diesen Ort auf den meisten Europakarten.

Die Fahrt dorthin ist spannend, denn Sie führt über weite Strecken direkt am Grenzbach zwischen Russland und Norwegen entlang. Der kaum knietiefe und nur 10m breite Bach ist die Demarkationslinie zwischen den beiden Ländern. Überall stehen Informationstafeln, die darauf hinweisen, dass dies und jenes strengstens untersagt ist.

Photografieren – strengstens verboten

Kontaktaufnahme mit Menschen auf der anderen Seite – strengstens verboten

Etwas hinüber werfen – denk nicht einmal daran

Einen Fuss über die Linie setzen – UIUIUIUI!!!

 

Hier herrscht noch der Kalte Krieg. Selbst die Absicht eine dieser Auflagen zu verletzen wird bereits als vollendeter Tatbestand betrachtet.

Wir halten uns also zurück und geniessen die raue Fahrt über die Piste hinaus zur sturmumtobten Küste und wieder zurück.

In Kirkenes überzeugen wir uns erst einmal, dass die Preise wirklich so astronomisch hoch sind wie überall geschrieben und erzählt wird. Ein Glas Konfitüre CHF 7.00, 750g Brot CHF 5.00, ein Liter Milch CHF 3.00. Prost Mahlzeit, da werden wir wohl in den nächsten Wochen am Hungertuch nagen.

Doch können wir es nicht lassen und es dürstet uns nach einem feinen Kaffee. Cappuccino und ein kleines Stück Kuchen CHF 13.00. Wir müssen uns wohl damit abfinden, dass Finnland mit seinen „hohen“ Preisen wohl nur zur „Aufwärmphase“ zählte.

 

Unser Ziel ist der nördlichste Punkt auf dem kontinentalen Festland Europas bei Gamvik einige hundert Strassen-Kilometer östlich vom Nordkap. Der Weg ist weit und bald ist es wieder Abend und wir werden müde. Leider findet sich jedoch kein Platz an dem wir unser Auto für die Nacht parkieren können. Die Landschaft besteht nur aus Fels- und Steinflächen ohne Windschutz. Darüber bläst der wütende Nordostwind ständig weiteren Regen heran. Nach rund 500km endet unsere Fahrt am heutigen Tag in Mehmn, 30km vor Gamvik, auf dem Campingplatz. Uns ist es egal was es kostet, denn wir sind hundemüde. Trotzdem schrecken unsere müden Häupter hoch, als wir den Preis hören: CHF 40 für eine Übernachtung in unserem eigenen Auto, ohne Strom, nur mit WC und einer warmen Dusche. Egal, nur noch Standheizung anschmeissen, etwas essen und dann ins Bett. „Tomorrow is another day in paradise!“

 

Tagesetappen: 131/496 km

 

25.08.2010

Mehamn – Adamsfjord – Oldernes – Straumfjordnes – Skibotnelva – Sørbotn – Aun – Vestvågøy - Valberg

Von jetzt an geht’s nur noch abwärts…

So, heute stehen wir am nördlichsten Punkt Europas, der mit dem Auto auf der Strasse erreichbar ist. Heissen tut er Gamvik, genauer noch ein Parkplatz in der Nähe des Leuchtturmes nördlich von Gamvik.

Wie wohl jedermann, hatten auch wir im Hinterkopf, dass dies ein spezieller Moment ist. Dass daran irgendwie etwas speziell sein MUSS. Dass man vielleicht sogar mit Pauken und Trompeten empfangen wird. Oder doch zumindest mit einem grossen Transparent quer über der Strasse, auf dem steht: „Petra und Paddy, Willkommen am nördlichsten Punkt des europäischen Festlandes.“

Dreimal dürft ihr raten. Natürlich war es nicht so. Es ist einfach nur eine Schotterstrasse, die irgendeinmal in einem einsamen Parkplatz mündet, der vom kalten Polarwind umtobt wird.

 

Auf dem kleinen Platz stehen ein paar wenige Autos. Weder eine Tafel noch ein Schild weisen darauf hin, dass man sich hier am Nordende Europas befindet. Das Nordkap hat dieses Attribut wohl exklusiv für sich gepachtet. Dennoch freuen wir uns, dass wir hier sind. Vor allem auch deshalb, dass wir keine Tafel und auch kein Bimborium brauchen, um zu wissen, dass wir nun am nördlichsten Punkt sind.

 

Was ihr glaubt uns nicht, dass das der nördlichste Punkt Europas ist? Also bitte, schaut einmal auf der Karte nach. Das Nordkap liegt auf einer Insel und ist dann noch nicht einmal der nördlichste Punkt der Insel, der ist nur zu Fuss erreichbar.

 

Zugegebenermassen ist der aller nördlichste Punkt des kontinentalen Festlands auch bei Gamvik noch ein 20km-weiter Fussmarsch durchs Moor weit entfernt, doch sind wir an dem Punkt auf der Strasse, der diesem am nächsten liegt. Wir sind auf 71°05.444‘ nördlicher Breite.

 

Ab jetzt führt unser weiterer Weg durch Europa nur noch Richtung Süden – „es geht also nur noch abwärts“.

Zuerst jedoch erkunden wir noch das mondähnliche Hochland, das diese Halbinsel ganz im Norden Europas bedeckt. Eine weite Stein und Felswüste mit kümmerlichem Graswuchs, Moosen und vielen Flechten liegt vor uns. Dick eingepackt in unsere wärmsten Kleider unternehmen wir eine ausgedehnte Wanderung. Es ist schön, doch auch kalt und wir sind froh uns wieder im warmen Auto verkriechen zu können.

 

Spektakulär ist der Teil, der die Halbinsel von einer Insel unterscheidet – also die Halbinsel mit dem Festland verbindet. Die Strasse über die Mondlandschaft endet abrupt in einer steilen Abfahrt, die zu einem schmalen Fjord hinunter führt. Anschliessend führt die Strasse über einen Damm. Links und rechts des Damms hat es noch etwa 20 Meter Moorland, welches dann schnell ins Wasser übergeht. Dieser Übergang macht es aus, dass die Halbinsel zum Festland gehört und der nördlichste Punkt des europäischen Festlandes bei Gamvik liegt.

 

Auf der anderen Seite des Fjords steigt die Strasse wieder steil an und führt weiter durch eine karge Mondlandschaft.

 

Feucht und nasskalt bleibt es weiterhin, doch heute Abend campieren wir wieder wild. Wir finden einen schönen Platz erhöht von der Strasse etwas versteckt doch mit einer wunderbaren Aussicht über den darunterliegenden Fjord.

Von Rentierjägern und Steinmandli

Kaum aufgestanden, packen wir schnell zusammen und frühstücken. Denn bevor wir weiterfahren, möchten wir gerne noch den kleinen See hinter unserem Übernachtungsplatz erkunden. Wege gibt es keine, dafür viele Wildpfade, die meisten von Rentieren, die hier überall durch die Gegend streifen.

 

Übrigens, die Rentiere haben von uns den Spitznamen „Ruedis“ in Anlehnung an Rudolf Rednose bekommen.

 

Als wir etwas später durch die Büsche stapfen und über die Felsen krabbeln, siehe da. Zwei Ruedis. Feldstecher und Kamera raus und heranpirschen – wollen wir. Doch haben wir den Wind im Rücken und so verrät uns unser Körpergeruch (trotz eiskalter Dusche heute Morgen). Die beiden Ruedis machen sich den Berg hinauf aus dem Staub.

 

Doch was ein echter Jäger ist, gibt nicht auf. Wir umlaufen den Felsrücken und erklimmen ihn auf der anderen Seite, jetzt mit dem Wind im Gesicht. Doch die beiden Tiere sind nicht da. Weiter klettern wir den Berg hoch.

 

Bald ist nicht mehr die Jagd nach den beiden Rentieren das Ziel unserer Anstrengungen, sondern die Bergrücken vor uns, denn wenn wir schon hier oben sind, wollen wir bis ganz nach oben.

Oben angekommen ist die Aussicht beeindruckend, doch 300 Meter weiter erhebt sich ein Bergrücken, der noch etwas höher ist, also weiter.

 

Wenigstens haben wir jetzt warm. Und auch die Vernunft siegt, wir lassen die weiteren, noch höheren Berge, Berge sein und begnügen uns mit der heutigen Leistung. Paddy betätigt sich noch als Architekt und verewigt uns mit einem Steinmandli.

 

Zufrieden kehren wir zum Auto zurück. Es war eine schöne Morgenwanderung.

Heute steht noch Hammerfest auf dem Programm. Hammerfest rühmt sich die nördlichste Stadt der Welt zu sein. Das ist sie wohl, doch eine Stadt?! Hier möchten wir nicht begraben sein. Die Stadt präsentiert sich äusserst unpersönlich. Sie hat weder Wärme noch Atmosphäre. Lieblos reihen sich Häuser, Industrie und Kirchen entlang des Fjords aneinander. Schnell haben wir genug und kehren auf die E6 zurück, die Hauptstrasse, die uns südwärts führt.

 

Der neue Tag präsentiert uns Alta, die nächste Stadt. Naja, lassen wir die Details und halten wir den nördlichen Städten Norwegens zu gut, dass sie von den Deutschen im Krieg beim Abzug flachgelegt wurden als sie abgezogen sind. Was dann kam – wir sehen es heute.

 

Alta hat jedoch eine lange Geschichte. Gleich ausserhalb der Stadt befindet sich entlang des Fjords ein grosses Gebiet in dem sehr viele steinzeitliche Felsenzeichnungen gefunden wurden. Die Ritzungen sind bis zu 9‘000 Jahre alt. Es sind unglaublich viele. Überall auf den, von Gletscher flachgeschliffenen Felsen finden sich Abbildungen von Rentieren, Elchen, Gänsen, Menschen, Booten, Vögel, Bären, etc. Einige der Ritzungen wurden vom Museum mit roter Farbe nachgezeichnet. Man denkt, dass die Zeichnungen einst eingefärbt waren. Die Bilder und Anordnungen der Ritzungen regen die Fantasie an. Was bedeuten die Arrangements? Weshalb steht denn dieses Tier auf dem Kopf? Wieso ist der Bär in Mitten der Renntiere? Zum Glück scheint die Sonne und wir frieren nicht all zu sehr.

Schwindelgefühle

Haben wir schon erwähnt, dass Norwegen teuer ist? Ein Eisbergsalat, ein Brot und zwei Schoggi-Stengel total CHF 14! Wir haben bedenken, dass Norwegen unser Budget dermassen sprengt, dass wir uns nicht mehr davon erholen können.

 

Glücklicherweise führt unsere Route nochmals nahe an der Finnischen Grenze vorbei. Wir nutzen die Gelegenheit zum Tanken und Einkaufen nach Finnland hinüber zu fahren. Wir laden unser Auto bis an die Hutschnur mit Vorräten und Diesel und sind zuversichtlich, dass wir mit unserem Shopping-Abstecher ein paar Hundert Franken gespart haben.

 

Als nächstes steht Tromsø auf dem Programm. Es ist die erste Stadt, die man in unseren Augen auch wirklich als solche bezeichnen kann. Das erste Mal, dass wir in Norwegen in einer Stadt so etwas wie Atmosphäre finden. Es hat sogar eine Fussgängerzone.

 

Wir haben uns vor allem jene Plätze und Sehenswürdigkeiten herausgesucht, die nichts kosten. Ausser der ortsansässige Brauerei, hier wollen wir auf unser „Nördlichstes Ende“ anstossen. 2-3 Mal stossen wir in der Ølhalle an. Getrunken 1x 33cl und 2x 15cl = Total CHF 25. Uns wird ganz schwindlig – aber das ist bestimmt wegen des Alkohols…

 

Ein neuer Tag – ohne Schwindelgefühl – wir möchten nun endlich einen der vielen Wasserfälle besuchen. Der Malselvfossen präsentiert sich uns wie der Rheinfall. Leider kommen wir aber nicht wirklich so ganz nahe ran wie wir es uns wünschen, denn rund um den Wasserfall erstreckt sich ein Moor. Dennoch die gewaltigen Wassermassen, die sich über die Felsen ergiessen sind schon eindrücklich.

Weiter führt uns die Strecke in Richtung Lofoten. Die Strecke ist gespickt mit Geschichte aus dem zweiten Weltkrieg. Überall wurde heftig gekämpft. Überall finden sich Gedenkstätten. Unser Tag endet auf einer Halbinsel nördlich von Harstad. Auch hier findet sich wieder eine alte Bunkeranlage der Deutschen aus dem Krieg.

 

Unser Ziel ist klar, am Donnerstag 26.08.2010, also morgen Abend, wollen wir Moni und Roli aus der Schweiz in Stamsund treffen. Es ergibt sich, dass sie diesen Herbst ihre Ferien ebenfalls in Norwegen geplant haben. Wir haben abgemacht, dass wir mit ihnen in den nächsten 3 Wochen die Lofoten erkunden und anschliessend bis nach Bergen hinunter fahren. Wir freuen uns sehr auf die beiden und auf ihre Gesellschaft. Denn auch Zweisamkeit kann manchmal einsam werden.

 

Wir suchen am heutigen 25. August einen schönen Campingplatz gleich in der Nähe von Stamsund. Morgen Abend holen wir dann die zwei von der Fähre ab. Sie kommen mit der Hurtigrute von Bergen.

 

Tagesetappen: 161/331/215/214/152/320/255 km

02.09.2010

Valberg – Moskenes – Eggum – Norskehavet – Gulesfjords – Ballangen

 

Besuch ist da

Das Hallo ist gross als Roli und Moni mit der Hurtigruten-Fähre einfahren. Beide stehen sie an der Reeling und gegenseitig rufen wir uns zu, noch bevor das Schiff angelegt hat.

 

Moni können wir kurz darauf in die Arme schliessen, bei Roli müssen wir erst warten, bis er sich mit dem Auto ausgeschifft hat. Ein spezielles Manöver bei diesem Schiff. Es wird nicht einfach eine Klappe aufgemacht und rausgefahren, wie bei Fährschiffen meist üblich. Nein, seitlich am Schiff wird ein Teil des Rumpfes hochgezogen, ausgeklappt und waagerecht auf das Niveau der Mole gebracht. Hier in Stamsund heisst das, dass die Brücke 3 Meter über dem Deckniveau der Fahrzeuge liegt. Um nun rausfahren zu können, müssen die Fahrzeuge einzeln per Lift hochgefahren werden. Technisch wirklich raffiniert.

 

Jetzt ist es endlich soweit und wir können auch Roli in die Arme schliessen und begrüssen. Wir haben uns viel zu erzählen und irgendwann entscheiden wir uns, dass es dafür angenehmere Orte gibt, als der Parkplatz beim Schiff.

 

Auf dem Campingplatz kochen wir dann noch schnell etwas. Es ist schon spät und wir haben alle noch nichts gegessen. Dennoch wird es spät bis wir ins Bett kommen.

 

Ein neuer Morgen, ein neuer Tag, die Sonne scheint. Moni und Roli jubeln schon wieder und freuen sich des Lebens und ihrer Ferien. Natürlich brennen die beiden darauf nun endlich die Lofoten zu erkunden. Roli hat schon angemeldet, dass er auf einer der südlichen Inseln einen speziellen Berg erklimmen will, um dann in der Dämmerung die darunterliegende Stadt zu photografieren. Roli ist ein passionierter Photograf.

 

Zuerst aber hilft er Paddy noch die beiden Vorderräder zu wechseln, denn seit einer Weile haben wir Probleme beim Lenken. Kaum drehen wir auch nur ein kleines Bisschen am Lenkrad, so fangen die Vorderräder an zu vibrieren. Bei 70-80 km/h ist es am schlimmsten. Vor ein paar Tagen, auf einer etwas unebenen Strecke waren die Vibrationen so stark, dass Paddy heftig in die Eisen steigen musste.

Streicht man mit der blossen Hand über die Reifen, kann man gut fühlen, dass das Profil der Reifen sehr einseitig abgelaufen ist. Es hat sich ein schuppenähnliches Profil ergeben. Klarer Fall von Radwechsel. Nach dem Tausch läuft es wieder viel besser. Hoffentlich ist das Profil nicht zu sehr beschädigt und lässt sich mit dem Wechsel der Drehrichtung wieder ausgleichen.

 

Während die Männer arbeiten, machen die Frauen etwas für die Gesundheit und radeln die 20 Kilometer nach Stamsund voraus, wo sie dann von den beiden Männern wieder eingeholt werden.

Die Fahrt führt weiter bis nach Å. (phon. ein Zwischending zwischen ‚a‘ und ‚o‘ – ein hohles ‚a‘). Schon die Fahrt dorthin ist spektakulär. Da das südliche Ende der Lofoten nur noch aus Bergen bestehet, wurde der wenige flache Platz für Häuser genutzt. Was dann natürlich zu einem Problem beim Strassenbau führt. Dieser spielte aber auch erst einige hundert Jahre nach dem Häuserbau eine Rolle, vorher wurde alles per Boot transportiert.

 

Die Strassen sind deshalb meist aufgeschüttet oder schwingen sich mit unzähligen kleinen und mehreren spektakulären grossen Brücken von Fels zu Fels.

 

Tief Blau ist das Meer, oft Türkisblau. Wären da nicht die blutroten Häuser und die empfindlich kühlen Temperaturen. Es ist atemberaubend. Die meisten Dörfer gleichen kleinen Museen. In der Hauptsaison wird zum Teil sogar Eintritt für die Dörfer verlangt! Stellt euch das vor. Ihr wollt in ein Dorf und müsst Eintritt bezahlen. Bei uns kaum vorstellbar.

Schwindelerregende Höhen

Roli’s Traum ist ein Nachtfoto der Stadt Reine vom Reinebriggen aus. Der Reinebriggen ist

ein Grat gleich gleich hinter der Stadt. Von oben soll man einen fantastischen Ausblick auf die Stadt Reine haben.

 

Als wir den Aufstieg von unten durch die Feldstecher betrachten ist klar, da läuft man nachts nicht einfach so mit einer schweren Kamera-Austrüstung runter. Also heisst es oben übernachten. Paddy entschliesst sich Roli zu begleiten.

 

Es ist schon sinnlos was man für eine einzige kurze Nacht alles mitnehmen muss: Zelt, Schlafsack, Schlafunterlage, Kleider, Kocher, Wasser, etwas zu Essen und last but not least die Kameraausrüstung.

 

Voll ausgerüstet, bringen die Frauen die beiden Männer zum Ausgangspunkt der Tour. Die Frauen haben sich ihrerseits ebenfalls eine kurze Wanderung vorgenommen.

 

Bericht Paddy:

Den Berg hoch geht es ganz gut. Wir beide quatschen die ganze Zeit. Der Weg ist zwar recht anspruchsvoll, doch wir kommen gut voran. Nach eineinhalb Stunden haben wir es dann geschafft und stehen oben. Die Aussicht ist unglaublich. Unter uns die Stadt Reine, verteilt auf mehreren kleinen Inseln und Landzungen. Dahinter die schroffen, steilen Berge, die direkt in die Fjorde abfallen. Darüber blauer Himmel mit Wolken, durch welche die Sonne ein bezauberndes Schatten-Licht Muster auf die Bergflanken wirft. Es ist unglaublich. Wir müssen uns erst einmal hinsetzen und diese Aussicht in uns aufsaugen.

 

Bereits sind wir daran mit einem Auge nach einem geeigneten Zeltplatz Ausschau zu halten. Doch das ist hier oben nicht so leicht. Auf beiden Seiten fällt das Gelände steil ab. Der weitere Weg ist sogar so schmal und auf beiden Seiten geht es so steil runter, dass wir auch nicht mehr weitergehen wollen und uns mit der Aussicht von der Krete begnügen. In Ermangelung eines geeigneten Zeltplatzes entscheiden wir uns, dass wir die Nacht nicht hier oben verbringen und wieder absteigen werden. Also nutzen wir die verbleibende Zeit für’s Photografieren.

Wie viele Bilder wir schlussendlich geschossen haben? Keine Ahnung; jedenfalls viele!

 

Sehr glücklich machen wir uns dann am frühen Abend an den Abstieg. Unsere Frauen haben wir per SMS avisiert.

Bericht Petra:

Aus dem Reiseführer von Moni haben wir eine 2-stündige leichte Rundwanderung ausgesucht. Der Weg zeigt sich nicht sehr schwierig, doch müssen wir mehrere male den Routenbeschrieb im Reiseführer nachlesen, damit wir in die richtige Richtung marschieren. Denn die schönen Wanderwegweiser aus der Schweiz gib es hier nicht und wir müssen den Weg zwischen und über den Steinen suchen. Auch Trampelpfade von anderen Wanderern sind fast keine sichtbar. Doch bald sind wir schon auf einem Bergrücken wo wir einen herrlichen Ausblick in einen Fjord haben. Gemäss Beschrieb aus dem Reiseführer haben wir die Option noch höher den Berg hinauf zu kraxseln. Also machen wir das doch, dann haben wir vielleicht noch eine schönere Aussicht.

Und tatsächlich, der steile Aufstieg – teilweise auf allen Vieren – hat sich gelohnt. Bei stahlblauem Himmel geniessen wir das tolle Berg-Panorama und den Blick auf die kleinen Dörfer im Tal. Kurz noch ein Erinnerungsphoto von uns beiden und dann geht’s wieder zurück, denn der Wind pfeift uns heftig um die Ohren und der Weg der uns wieder zum Ausgangspunkt führt müssen wir auch wieder suchen.

 

Kaum sind wir im Auto eingestiegen, erhalten wir ein SMS von Roli und Paddy, dass die beiden keine Übernachtungsplatz auf dem Reinebringen haben und noch heute wieder zurück kommen. Da war wohl nichts mit einem Frauenabend…… natürlich haben Moni und ich nichts dagegen wenn die beiden trotzdem heute Abend schon wieder gesund und munter und nicht erfroren ankommen. Und es gibt ja bestimmt einiges zu erzählen.

Durch die Lofoten könnte man wohl jahrelang kurven und Photos schiessen. Jedenfalls erschöpfen sich bald unsere Speicherkarten und wir wissen nicht mehr so recht wo wir noch überall hinschauen sollen. Gesättigt von den vielen Eindrücken machen wir uns auf den weiteren Weg in Richtung Süden, nach Bergen. Moni und Roli haben eine Fähre gebucht, die am 15.09.10 in Bergen ausläuft. Es bleiben uns 10 Tage für die gut 1500 km – natürlich ist das nicht die direkte Strecke, denn am Weg liegen noch einige Sehenswürdigkeiten zu denen wir fahren wollen.

Unvergessliche Bilder

Der heutige Tag ist unvergesslich. Nach Tagen der Kälte und des Regens ist heute wieder schönes Wetter. Und wie schön sich dann auch noch die Landschaft präsentiert! Worte können das nicht beschreiben. Guckt euch selber die Bilder an!

Nasse Füsse

Als wir auf der Strassenkarte den Rago Nationalpark erspähen, ist es klar; wir müssen wieder einmal ein bisschen Bewegung haben. Trotz leichten Regens und Nebelnetzens machen wir uns auf den Weg, die auf der Karte verzeichneten Wasserfälle zu photografieren. Die Wanderung führt steil bergan, über Stock und Stein über wackelige Hängebrücken und durch Hochmoore. Es ist sooo schön hier. Wenn es doch nur trocken wäre… Bald schon sind alle acht Füsse und die dazugehörigen Socken nass. Wir marschieren zügig voran, unterbrechen aber oft zum Photografieren. Es gibt so viel Schönes zu sehen, die Wasserfälle finden wir jedoch nicht. Dennoch hat sich der Ausflug gelohnt.

Mahlstrohm

Gibt es horizontale Wasserfälle? Blödsinn! Aber nein, kein Blödsinn. Es gibt sie. Dann nämlich, wenn sich die Gezeiten durch eine Meerenge zwängen, die so schmal ist, dass es zu einem Niveauunterschied führt, den man von blossem Aug sehen kann. Dann rauscht das Wasser schäumend durch das Engnis und erzeugt bedrohliche Wirbel. Es ist sehr eindrücklich, zu finden bei Saltstraumen in der Nähe von Bodø.

Durch die Wirbel wird das Wasser mit viel Sauerstoff angereichert, was dem Plankton zu Gute kommt, dies wiederum kommt den Fischen zu Gute, dies wiederum den vielen Vögeln und nicht zuletzt auch den Menschen, die hier vom Fischfang leben.

Hochmoor und Ferienhäuser

Heute wollen wir einmal wild campieren. Das Wetter ist warm und es schein die Sonne. Da, ein Strässchen! Kommt, wir fahren mal hoch! Einige Kilometer geht es die Schotterstrasse hoch und endet auf einem grossen Kiesplatz bei einem Hochmoor.

Wow, welche Landschaft. Wie wir feststellen, haben das schon ein paar Ferienhäuser-Besitzer vor uns festgestellt. Unzählige schmale Trampelpfade führen durch den Wald und das Moor zu den versteckten Häusern.

Nach dem Abendessen unternehmen Moni und Petra noch einen kurzen Ausflug und kommen erst Stunden später zurück. Sie sind immer weiter hoch gegangen und letztendlich auf dem Höhenzug hinter dem Moor gelandet. Hier haben sie einen überwältigenden Ausblick über die gesamte Gegend gehabt.

 

Für Roli ist nun klar: auch er will da hoch. Er will am Morgen ein paar schöne Photos von da oben schiessen. Da will Paddy natürlich nicht hinten anstehen und begleitet ihn um 6 Uhr in der Früh.

Die Aussicht ist wirklich wunderschön und das goldige Morgenlicht lässt alle Farben aufglühen. Auch sie sitzen langen oben und kommen erst 1 Stunden später als vereinbart wieder herunter zum verspäteten Frühstück.

 

Tagesetappen: 128/141/303/261/139 km

08.09.2010

Hell (Trondheim)

 

Von Kirchen, die leben und solchen, die kosten

Unser Übernachtungsort vor Trondheim ist vor allem bei Englischsprachigen sehr bekannt und beliebt: "Hell". Einmal in die Hölle und zurück. Hier kann man sich dabei ablichten lassen.

 

Gääähnn, heute ist ausschlafen auf dem Programm. Es ist nicht gerade so, dass wir nie ausschlafen würden. Seit jedoch unsere Freunde Moni und Roli bei uns sind, sind unsere morgentlichen Stunden unter der warmen Decke nicht mehr so lange wie auch schon.

 

Mit einem Sprung aus dem Auto in einen sonnigen Tag mit blauem Himmel, der schon fast nach kurzen Hosen ruft. Gemütlich frühstücken wir wieder einmal im Freien und freuen uns auf unseren Ausflug nach Trondheim.

 

Nach einiger Kalkulation kommen wir zum Schluss, dass es wohl am günstigsten ist, die Strassen- und Park-Gebühren auf uns zu nehmen und mit dem Auto in die Stadt zu fahren. Günstiger jedenfalls als die Bahn zu benutzen. Zu viert quetschen wir uns ins Auto unserer Freunde und brausen los.

 

Trondheim erwartet uns mit breiten, einladenden Strassen. Endlich eine richtige schöne Stadt. Nicht etwa, dass Städte wie Hammerfest, Alta oder Tromsø nicht gross genug wären um als Städte bezeichnet zu werden. Nein, es ist die Atmosphäre, die diesen Städten fehlt. Sie sind architektonische und städteplanerische Betonwüsten, die Gemütlichkeit eines Kühlschrankes ausstrahlen. Trondheim hingegen ist wirklich schön. Mit Bäumen an den Strassenrändern, Fussgängerzonen, Strassenkaffees und kleinen Parks. Kommt dazu, dass Trondheim im und nach dem Krieg nicht zerstört wurde. Daher sind noch viele alte Gebäude geblieben. Eine der ersten Sehenswürdigkeiten auf unserer Liste ist die Fussgängerzone. So gemütlich! Dann noch der Stiftspark. Ach, die schönen Blumen! Welche Kirche ist denn das? Sie ist auf keinem unserer Pläne und auch nicht in unserem Reiseführer aufgeführt. Vår Frue Kirke, erbaut 1197. Die ist ja richtig alt. Im Innenraum sind wir überrascht. Wie für eine reformierte Kirche üblich, halten sich der Prunk und die Bilder in Grenzen. Dennoch der Altarraum ist recht üppig. Doch was uns überrascht ist, dass unter der weit ausladenden Orgelempore, also gleich beim Eingang im hinteren Teil der Kirche, Tische und Stühle stehen an denen Menschen sitzen und Kaffee und Kuchen geniessen. Eine Wandnische wurde zu einer kleinen Küche umfunktioniert und gleich neben den Tischen steht ein Klavier. Hmm, komisch. Dennoch die Kirche strahlt eine Wärme aus; alle sind wir uns einig, wir spüren wie sie lebt.

 

Weiter geht es zur Kathedrale von Trondheim. Wir wissen bereits, dass für diese Kirche Eintritt verlangt wird – wie übrigens in sehr vielen – fast den meisten – Kirchen in Norwegen. Etwas erschrocken sehen wir, dass der Eintritt saftige NOK 50 beträgt, das sind umgerechnet CHF 10. Roli und Paddy entscheiden sich die Ausgabe zu tätigen. Als sie jedoch beim Billettschalter erfahren, dass Photografieren in der Kirche nicht erlaubt ist, geben sie die bereits erworbenen Tickets wieder zurück. Das kann ja wohl nicht sein! So bestaunen wir das Bauwerk von aussen. Vor allem die Hauptfassade mit den unzähligen lebensgrossen Statuen von Heiligen und Königen ist faszinierend.

 

Nach den Kirchen ist profanes angesagt. Die alte Brücke der Stadt und alte Arbeiterviertel mit schönen, typisch nordischen Häusern.

 

Und schlussendlich können wir der Empfehlung unseres Reiseführers nicht wiederstehen. In Trondheim gibt es ein italienisches Kaffee mit feinem Kaffee und Pasticci. Lecker, lecker. So gut ist es uns schon lange nicht mehr gegangen. Gemütlich flezen wir in den grossen Sesseln und Sofas, quatschen, schlemmen, trinken Kaffee und geniessen das Leben.

 

Irgendwie geht Roli und Paddy die Vår Frue Kirke nicht aus dem Kopf. Sie wollen nochmals zurück, um noch ein paar Photos zu schiessen. Auf einem Zettel finden sie dann auch die Erklärung für die etwas spezielle Art der Kirche:

„Vår Frue Kirke

Erste durchgehend geöffnete Kirche Nordeuropas.

Die Vår Frue-Kirke möchte eine „Kirche mit Herz“ sein.

Offen für alle und zu jeder Zeit.

Die Vår Frue-Kirke ist ein Ort, um eine Kerze anzuzünden, um zu beten, um andere Menschen zu treffen, um eine Tasse Kaffee oder Tee zu trinken oder Unterschlupf zu finden. Ein offener und nicht alltäglicher Raum und eine Bereicherung für Trondheim!

Verschiedene Aktivitäten, siehe Aushang an der Kriche.“

 

Wahrlich, das trifft zu. Beide verlassen die Kirche beeindruckt. Das ist eine echte Bereicherung. Das wäre auch zu Hause eine gute Idee. Sollte also je einmal ein Mensch aus einem kirchlichen Umfeld dies lesen. Überlegt euch, ob dies nicht auch eine gute Idee für eure Kirche wäre. Das wirklich Spezielle daran; die Tische stehen in der Kirche. Das Leben findet in der Kirche statt. Die Kirche lebt!

 

Der Kontrast zwischen der „toten“, musealen Kathedrale und der Vår Frue Kirke könnte grösser nicht sein. Es hat uns berührt und bewegt.

 

Zurück auf dem Campingplatz in Hell bekommen wir gerade noch mit, wie der Bauer das Kartoffelfeld fertig aberntet. Zurück bleiben viele feine, kleine Kartoffeln, die er anscheinend nicht will. Schnell ist ein Sack voll eingesammelt. Die Kartoffeln sind perfekt für „Gschwellti met Chäs“. Fehlt nur noch der Käse.

 

Tagesetappe: 50 km

 

 

09.09.2010

Hell – Lesjaskog

Aurora Borealis

Der heutige Tag begann mit einem Paukenschlag. Paddy muss mal mitten in der Nacht. Und was sieht er? Nordlichter tanzen über den Horizont!

 

Schlagartig ist natürlich das menschliche Grundbedürfnis vergessen und Paddy rennt und schlägt Alarm. Diese Meldung reisst auch den erprobtesten Tiefschläfer in die Realität zurück. Alle stürzen aus den Autos. Schnell sind die Kameras gezückt – ach ja, Hosen wären vielleicht auch noch gut – und Schuhe vielleicht auch noch, denn es ist bitter kalt. Zu viert laufen wir auf das frisch gepflügte Kartoffel-Feld gleich neben unserem Stellplatz. Hier haben wir freie Sicht auf das Spektakel.

 

Es fängt ganz sanft an. Nur ein Schleier am Horizont, mehr ein Dunst vor den Sternen, wie man ihn häufig erlebt. Dann immer deutlicher bilden sich Lichtspeere, die weit in den Himmel hinauf wachsen, unten scharf begrenzt, oben auslaufend. Langsam, langsam werden der Dunst und die Lichtspeere intensiver. Nun ist auch der Dunst unten klar abgegrenzt und fängt in den Himmel zu wachsen.

 

Dann plötzlich werden die unteren Kanten zu Würmern, die sich am Himmel winden. Es ist ein unglaubliches Schauspiel.

 

Für uns ist es das erste mal, dass wir Nordlichter sehen. Wir freuen uns sehr, dass wir das sehen dürfen. Denn selbstverständlich ist es nicht um diese Jahreszeit und für den Breitengrad auf dem wir uns befinden.

 

Nach 2 Stunden Nordlichterjagt mit der Kamera, kriechen wir leicht unterkühlt wieder in unsere Betten. Müde, aber glücklich über das was wir erlebt haben.

 

Ach ja, die unzähligen Sternschnuppen und den grossartigen Sternenhimmel haben wir nicht erwähnt. Aber das habt ihr ja alle auch schon gesehen …

Der Morgen danach ist dann natürlich nichts für Frühaufsteher. Und so sind wir spät unterwegs. Heute heisst es Kilometer fressen. Die Landschaft ist schön, das Wetter auch. Doch allmählich wiederholt sich alles.

Das Highlight des Tages ist das Abendessen. Unterwegs haben wir bereits etwas Käse eingekauft, natürlich bei weitem nicht konkurrenzfähig mit feinem Schweizer Käse, doch besser wie nichts. Ziel ist es ein richtig feines „Gschwellti met Chäs“ zu machen – fast so wie zu Hause.

 

Zum Glück finden wir am Abend einen kleinen Campingplatz mit einer wirklich hübschen kleinen Küche, in der wir es uns gemütlich machen können. So gibt es zum Znacht Pellkartoffeln mit Käse. Nachher kommt noch etwas Williams-Schnaps auf den Tisch und bald riecht es wie in einer Alphütte mit Kafi-Schnaps und Jasskarten.

 

Tagesetappe: 274 km

 

11.09.2010

Lesjaskog – Ålesund – Skjåk

Es wird trollig

Unser Freund Roli hat sich in den Kopf gesetzt Ålesund in der Abenddämmerung vom Hausberg Aksla aus zu photografieren. Somit ist unser nächstes Ziel Ålesund.

 

Auf dem Weg nach Ålesund liegen die Trollstiegen. Eine Strasse, die sich in unzähligen Serpentinen den Berg hochquält. Die Strasse ist schmal und steil, die Aussicht wunderschön. Auf dem Pass oben wird eine der obligaten Touristenfallen gebaut. Als Schweizer ist es zwar schön die Strasse zu fahren, doch bestimmt nicht so spektakulär wie für einen „Flachländer“.

 

Es ist bereits später Nachmittag als wir in Ålesund eintreffen. Zum Glück ist der Weg auf den Aksla gut ausgeschildert. Denn es gilt, bei Tageslicht auskundschaften, von wo aus es dann am Abend am besten zum Photografieren ist.

 

Glücklicherweise finden wir auch gleich noch in der Nähe einen Camping-Platz. Leider holt uns hier

die bereits aus Osteuropa bekannte Unsitte ein, dass sich Jugendliche am Wochenende auf Campingplätzen einmieten und einen drauf machen. Aber zum Glück haben wir Ohrenstöpsel mit, die wir uns vorsorglich bereitlegen.

 

Gleich nach dem Abendessen (Kartoffelsalat aus selbst gesammelten Kartoffeln und Wiener-Würste) fahren wir auf den Aksla und knipsen bis weit über die Dämmerung hinaus, Ålesund von oben.

 

Die Nacht ist ruhiger verlaufen als befürchtet, doch spielt das Wetter am Morgen nicht mehr mit. Es regnet. Schnell ist gepackt und wir brechen früh auf. Es geht direkt hinein nach Ålesund zur Stadtbesichtigung.

Für alle die es in diese Ecke der Welt verschlägt: Ålesund ist wunderschön. Der Hauptteil der Stadt liegt auf einer Insel die durch einen schmalen Kanal vom Festland abgetrennt ist. Die anderen Stadtteile sind auf weiteren 3 Inseln verteilt, welche 2-3 km weiter draussen im Fjord liegen. Mittlerweilen kann man auch diese mit dem Auto erreichen, da sie alle mit unterseeischen Tunnels verbunden sind.

Ålesund ist für uns die bisher schönste Stadt in Norwegen. Leider haben aber trotz aller Schönheit die Kaffees nicht vor 10 Uhr geöffnet. Erst im Hafen finden wir eine Bäckerei, wo wir Kaffee und etwas zwischen Zähne bekommen.

Auf dem Programm steht heute noch der Geirangerfjord. Per Fähre gelangen wir über einen der unzähligen Fjorde nach Eidale. Von hier aus geht es über die Berge in Richtung Geiranger. Der Geiranger-Fjord ist wohl nur deshalb berühmt, weil sich der lange, schmale Fjord zwischen steilen Berghängen hindurchzwängt und vor allem weil die Hurtigrute hier täglich einfährt. Die Sicht vom Schiff aus muss wohl eindrücklich sein.

Für uns ist es vor allem eindrücklich die Spielzeug-Schiffe weit unter sich im Fjord zu sehen. Erst später realisiert man, dass dies grosse Fähr- und Passagierschiffe sind.

 

Gleich auf der anderen Seite des Fjords geht es wieder steil bergan und führt innert weniger Kilometer von 0 auf 1‘000 Meter über Meer.

 

Auf dieser Hochebene gehen uns fast die Augen über. Hier oben ist der Herbst schon weit fortgeschritten. Die Farben sind überwältigend. Rot, Orange, Gelb, Grün, Braun, Blau. Unglaublich präsentiert sich die Heidelandschaft. Etwas tiefer dann, unterhalb der Baumgrenze, geht das Spektakel weiter in Gelb, Orange und Grün mit milchig weissen Gletscher-Flüssen. Die Farben und die Landschaft sind unglaublich schön und fast nicht auf ein Photo zu bannen.

 

Tagesetappe: 187/147 km

 

12.09.2010

Skjåk – Jostedal

 

Gewisse Tage kann man nicht in einem Reisetagebuch festhalten. Die muss man einfach im Herzen behalten. Zwar ist es heute recht regnerisch, doch dies tut der Landschaft rund um uns keinen Abstrich. Sie ist eindrücklich, bombastisch, überwältigend. Die Natur verfärbt sich immer mehr. Das Farbenspiel wird intensiver. Überall stürzen Wasserfälle über die Felswände. Und die Strasse schlängelt sich in unzähligen Serpentienen von Meereshöhe auf über 1‘500 Meter und wieder hinunter und wieder hinauf – endlos.

 

Die Bilder sind nicht unähnlich denen, die auch wir zu Hause haben. Nur bei uns sind überall Dörfer und Häuser. Auch ist bei uns ein Landschaftstyp vielleicht mal 5km lang gleich. Doch hier ist ein Landschaftstyp viele hundert Kilometer lang und zeigt sich in unzähligen Variationen.

 

Tagesetappe: 213 km

 

16.09.2010

Jostedal – Habranvegen – Bergen – Kvaløyna - Strand

 

Coole Eindrücke

Das Jostedal ist schön. Der grosse Jostedalbreen-Gletscher – der 3. oder 4. Grösste in Europa – ist zwar nicht zu sehen, da er auf einer Hochebene liegt, die aus dem Tal nicht einzusehen ist. Nur gerade die Ausläufer, seine Zungen, hängen über die Seiten ins Tal hinunter. Selbst diese „kleinen“ Ausläufer sind gewaltig und eindrucksvoll. Unsere Fahrt führt bis ganz hinten ins Tal zum Stausee. Einige Kilometer entfernt im Dunst der Wolken sehen wir die leicht bläulich schimmernde Abbruchkante des Gletschers. Das Lichtspiel mit den Wolken, den Bergen und der Sonne ist märchenhaft. Immer wieder ziehen Schwaden vorbei oder Lücken in der Wolkendecke lassen Sonnenstrahlen durch, welche abwechselnd die Bergflanken und den Gletscher erleuchten. Roli und Paddy beschliessen, noch ein kurzes Stück den Berg hoch zu gehen, um einen besseren Blick auf den Gletscher zu erhalten. Der Weg ist nicht ungefährlich. Alles ist nass. Sie suchen sich ihren Weg über Felsflanken, die vom Gletscher glattgeschliffen wurden. Es ist sehr rutschig. Überall wachsen Moose, Flechten, Farne und kleine Pilze. Wunderschön. Die Aussicht auf den Gletscher ist zwar besser, doch für eine wirklich gute Aussicht müssten die beiden wohl noch eine ganze Strecke näher an den Gletscher herangehen.

Der Abstieg gestaltet sich etwa gleich rutschig, doch gelangen die beiden unversehrt wieder zurück zu Petra und Moni, die sich in der Zwischenzeit etwas abgefroren haben.

 

Der zweite Ausflug am heutigen Tag führt uns einem weiteren Ausläufer des Gletschers, dem Nigardsbreen, 20km weiter unten im Tal. Nach einer der üblichen Zahlstellen (in Norwegen ist die Unsitte des Strassenzolls noch weit verbreitet) fahren wir bis zum Gletschersee. Ab hier geht es wieder zu Fuss weiter. Über Stock und Stein, zwischen Birken hindurch, die in allen Farben des Herbstes leuchten. Dahinter der mächtige Gletscher, der sich ins Tal wälzt. Links und rechts steile Felswände mit unzähligen grösseren und kleineren Wasserfällen. In unserem Reiseführer steht es sei wie im IMAX-Kino – nur dass es live ist. Genau so fühlen wir uns.

Die Tage unserer Freunde Roli und Moni in Norwegen sind gezählt. Bald schon läuft ihre Fähre ab Bergen aus. So machen wir uns auf die Socken. Die Fahrt nach Bergen ist sehr regnerisch. Jeden Morgen heisst es, das nasse Klappdach zu machen und möglichst schnell den Motor auf Betriebstemperatur bringen, damit die Innenheizung hochgedreht werden kann.

 

Bergen gewährt uns zwar zwei regenfreie Stunden in denen wir das berühmte Bryggen-Quartier ansehen können (eine Häuserzeile alte Handwerker und Lagerhäuser aus Holz, mit engen Gassen dazwischen), doch hält es uns nicht lange in der Stadt. Petra möchte unbedingt noch den Preikestolen besuchen, bevor wir in 3 Tagen die Fähre von Stavanger nach Dänemark nehmen. So gilt es schweren Herzens Abschied zu nehmen. Nun sind wir wieder zu zweit.

 

Luftlinie liegen Bergen und Stavanger gerade einmal 160km auseinander. Doch die zerklüftete Landschaft mit den unzähligen Fjorden, Sunds, Seen und Bergen verlängert die Fahrt auf über 450km.

Schade, dass das Wetter immer noch nicht mitspielt, denn die Aussichten sind wohl atemberaubend – wären da die Wolken nicht…

Nach unzähligen Fähren sind wir jetzt in Strand. Da das Wetter immer noch nicht besser ist, haben wir unsere Wanderung auf den Preikestolen auf morgen verschoben. Jetzt heisst es, Daumen drücken.

 

Tagesetappen: 133/255/263/113 km

 

16.09.2010

Solvik

Nervernkitzel pur

Petra besteht darauf: Sie will auf den Preikestolen (dt. Predigerstuhl oder Kanzel)! Der Preikestolen, der Klassiker in Norwegen. Ein Felsvorsprung der senkrecht 600m in den Lysefjord abfällt. Paddy lässt sich breitschlagen. Wenn wir schon den Umweg von Bergen nach Stavanger gemacht haben, naja…

Paddys Hoffnung, dass das Wetter, welches uns schon seit 3 Tagen mit heftigem Regen beglück, uns einen Strich durch die Rechnung machen würde, erfüllt sich leider nicht. Um 10 Uhr schaut schon die Sonne hinter den Wolken hervor und es ist klar, wir wandern auf den Preikestolen.

 

Die Anfahrt ist kurz, der Parkplatz noch fast leer. Los geht’s. Das Wetter wird immer besser. Nach einem Kilometer sind schon fast T-Shirt und kurze Ärmel angesagt.

Der Regen der vergangenen Tage hat den Weg in ein Bachbett verwandelt und halbe Wasserfälle kommen uns entgegen. Dennoch der Aufstieg ist schön. Nach eineinhalb Stunden sind wir dann oben. Wow, welch eine Aussicht! Tief unter uns der Fjord, vor uns ein Bergpanorama – Es ist wunderschön!

 

Paddy ist es etwas mulmig auf der Felskanzel, dennoch schiessen wir beide von uns ein paar Photos, mit uns darauf, die Beine über dem Abgrund. Schluck, da geht es ja senkrecht runter! Noch ein paar Photos mehr, dann ein Sandwich zur Stärkung und zurück geht es ins Tal.

 

Es ist unglaublich. Wir haben das beste sonnigste Wetter, das man sich wünschen kann. Erst auf den letzten 500m fängt es leicht zu regnen an und kaum im Auto, schüttet es wie aus Kübeln. Was haben wir nur für ein Glück!

 

Tagesetappe: 40km

Der Abschied

Fähren hatten wir in den letzten Tagen ja genügend, dennoch es liegen nun noch 3 Fähren vor uns. Die erste bringt uns von Solvik nach Stavanger. Wir nehmen uns noch ein paar Stunden Zeit um Stavanger zu erkunden.

 

Stavanger ist wirklich eine schöne Stadt; kleine, schmalle Gässchen, weiss gestrichene Holzhäuser, alte Gebäude. Mal wieder eine Stadt zum bummeln – und sich ein Tässchen Kaffee zu gönnen.

 

Leider ist es heute sehr windig und es regnet zwischendurch immer wieder. So lassen wir dann die Stadt bald hinter uns und fahren zum 20km entfernten Fährhafen.

 

Hier verbringen wir die weiteren Stunden bis zum Auslaufen der Fähre. Petra hat es sich im hinteren Teil des Autos bequem gemacht und schläft. Paddy läuft ein paar Runden, denn so ein Hafen ist interessant.