USA - Südstaaten

New Orleans

Wie geplant treffen wir Doris und Walter am 10. Februar in New Orleans. Schon auf der Fahrt nach New Orleans beginnt es zu regnen. Dies hält uns aber nicht davon ab, uns direkt eine erste Erkundungstour im French Quarter, der Hauptsehenswürdigkeit der Stadt, zu unternehmen.

New Orleans schaut auf eine bewegte Geschichte zurück. Ursprünglich von den Franzosen gegründet, ging dann an die Spanier über. Für einige wenige Jahre hatten die Franzosen wieder das sagen bis sie schlussendlich zusammen mit den gesamten Französischen Territorien 1803 an die USA verkauft wurde.

Das Kernstück der Stadt, das French Quarter, stammt fast ausschliesslich aus der Spanischen Epoche. Es liegt direkt am Mississippi und ist konsequent, schachbrettförmig angelegt. Die Stassen sind gesäumt von 2-3 stöckigen Häusern. Speziell sind die vorstehenden Balkone, welche über die ganze Breite der Häuser verlaufen. Sie recken sich über das Trottoire bis an den Strassenrand. Gestützt werden sie von Gusseisernen Säulen. Der Balkon selbst ist üblicherweise gedeckt. Die Brüstung besteht aus reich verschnörkeltem Gusseisen. Vor allem die Konstruktionsweise der Balkone verleihen dem Quartier seinen ganz eigenen Reiz.

Leider hindert uns der permanente Nieselregen, den Abend in New Orleans wirklich geniessen zu können.

Am zweiten Tag in der Stadt wollen wir Sightseeing unternehmen, doch unsere guten Vorsätze werden wieder vom Wetter torpediert. Zum Glück haben Walter und Doris ein Herz mit uns und laden uns zum Frühstück und später auch zum Abendessen in ihr Auto ein. Wir sind den beiden sehr dankbar. So geniessen wir die Gastfreundschaft in der „warmen Stube“ und quatschen bis gegen Mittag mit den beiden über Gott und die Welt – und vor allem übers Reisen.

Erst dann können wir uns aufraffen nochmals die Stadt zu erkunden.

Leider meint es das Wetter auch am nächsten Tag nicht besser. Erst als wir noch um eine Nacht verlängern haben wir Glück. Der dritte Tag unseres Besuchs verwöhnt uns mit Sonne und den Abend verbringen wir in verschiedenen Bars mit toller Live Musik.

Cajun Country

Wir verabschieden uns von Doris und Walter. Schade, wir wollten unbedingt noch jassen… doch es gab immer so viel zu erzählen.

Uns führt die Reise ein kurzes Stück den Mississippi hinauf zu einer für ihre Baumallee berühmten Plantage. Hier kreuzt sich unser Weg nochmals kurz mit dem von Doris und Walter.

Wir machen einen kurzen Spaziergang durch die Plantage, eine Führung durch das Haus und knipsen einige Photos bevor wir uns uns auf die Socken machen - hinaus in die Mississippi Mündung.

Wer glaubt die spektakulären Brücken über das Meer sein in Südflorida hinaus auf die Keys, der irrt sich. Die Brücken in die Mississippi Mündung können spielend mithalten.

Aus der Mississippi Mündung geht es nach Avry Island zur Tabasco Fabrik. Paddy ist ganz im Koch-Element und macht gleich einen Grosseinkauf.

Anschliessend geht es weiter nach Lafayette, direkt ins Herz des Cajun-Country. Man merkt, dass hier die Uhren anders ticken. Es ist schwer zu beschreiben wie die Menschen hier leben. Man spürt eine gewisse Schwerfälligkeit aber auch Bodenständigkeit. Vor allem als wir ein Living Museum besuchen und mit einigen der Französischsprachigen Guides ins Gespräch kommen, spüren wir die langsamere, bedächtigere Gangart. Es fühlt sich an, als ob sie sagen würden: Wir sind genug herumgeschubst worden, wir sind nun hier, hier bleiben wir.

 


Arcadier

Die französisch-spanische Geschichte Louisianas ist eng mit der der Kanadischen Acadier verbunden. Ursprünglich sind Acadier französische Siedler, die sich in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts in Nova Scotia und New Brunswick an der Ostküste des heutigen Kanada niedergelassen haben.

Im Vertrauen darauf, dass sie das Paradies gefunden haben, nannten sie sich und ihr Land Acadien nach dem sagenhaften Landstrich im antiken Griechenland, Arkadien.

Als Anfangs des 18. Jahrhunderts die Briten das östliche Kanada eroberten kam es immer wieder zu Konflikten mit den Acadiern, die bereits seit 4 Generationen im Land wohnten. Die Auseinandersetzungen gipfelten im Beschluss der Engländer, die Acadier zu vertreiben. Sie deportierten über 10‘000 Menschen aus ihrer Angestammten Heimat. Es folgt eine jahrzehntelange,

menschliche Tragödie. Die Hälfte der Menschen starb bei der Deportation. Ein Teil wurde in die Sklaverei verkauft und einige Tausend fanden ihren Weg zurück nach Frankreich, wo sie sich jedoch nach Generationen der Unabhängigkeit nicht mehr in die Feudal-Gesellschaft des 18. Jahrhunderts eingliedern konnten.

Die Erlösung kam als Spanien den Acadiern Land, Werkzeug und Verpflegung versprach, falls sie sich im Mississippi Delta ansiedeln würden. Es brauchte nicht viel Überredungskraft, um die Flüchtlinge zu überzeugen.

Im Hinterland von New Orleans begannen sie mit Vieh- und Landwirtschaft und stellten damit die dringend benötigten Lebensmittel für die junge Spanische Kolonie bereit.

Noch heute sprechen weite Bevölkerungskreise westlich von New Orleans noch eine Abart von Französisch. Es ist ein antiquierte Form mit einem starken Akzent. Man muss sich hineinhören, damit man ein paar Brocken aufschnappen kann.

In den USA von heute werden die Acadier von damals Cajun genannt. Es ist eine Verballhornung des ursprünglichen Namen (Acadien – Cadien – Cajen – Cajun (sprich Keitschen)).

Vor allem ihr Musik-Stil, eine Mischung aus französischer Volksmusik, amerikanischem Country, afrikanischen und karibischen Rhythmen, ist heute sehr bekannt und beliebt. Im ganzen Land gibt es Tanzveranstaltungen und Konzerte.


Interessant gestaltet sich unser Versuch französisch mit den Leuten zu reden. Cajun-Französisch hat ungefähr gleichviel mit dem Französisch Frankreichs zu tun wie Walliser-Schweizerdeutsch mit Hochdeutsch. Wir verstehen unsere Gegenüber nur zum Teil und auch umgekehrt scheint, das Verständnis nicht unbedingt unbeschränkt zu sein.

 

Nach 2 Tagen im Cajun-Country fahren wir zurück an den Mississippi und zum Anfangspunkt des Natchez Trace Parkway.

Natchez Trace Parkway

In den USA gibt es verschiedene Routen und Strassen die als Parkways bezeichnet werden. Es sind zum Teil speziell gebaute Strassen zur Erbauung der Besucher und laden zu Spazierfahrten über viele 100 Kilometer ein. Andere Strecken folgen alten Handelsrouten und verbinden unzählige, geschichtsträchtige Plätze und Orte.

Der Natchez Parkway gehört zur letzteren Art. Er folgt einer alten Handelsroute aus dem Süden Mississippis bis hinauf nach Nashville in Tennessee. Er verbindet Plätze der Amerikanischen Geschichte angefangen von Indianischen Siedlungen und Kultstätten der Frühzeit über frühe Spanische Siedlungen, Baumwollplantagen und Bürgerkriegs-Schauplätze, bis hin zu musikalischen Meilensteinen der USA von Jazz über Cajun-Country, Blues bis hin zu Rock’n’Roll.

Heute sind wir in einer langen Fahrt von Lafayette über Baton Rouge in der pittoresken Ortschaft Natchez angekommen. Das Städtchen liegt direkt am Mississippi und somit im Epizentrum der Baumwoll- und Sklavenwirtschaft, Bürgerkrieg, den Stereotypen der Südstaaten und Rassenunruhen der 50iger und 60iger Jahre des letzten Jahrhunderts.

Unser erster Stopp gilt dem Besucherzentrum. Wir wollen uns Informationen zur Stadt und zum gleichnamigen Parkway beschaffen. Das Besucherzentrum ist eine Mischung zwischen Museum, anonymer Abfertigung und Nationalpark. Im Teil des Nationalparks treffen wir dann auch auf eine sehr sympathische ältere Dame – eine Southern Bell, wie sie hierzulande genannt werden. Aus den vielen Stellwänden haben wir erfahren, dass Rassentrennung in der Region selbst im vergangenen Jahrhundert immer noch an der Tagesordnung war. So durften Schwarze, aktuell werden sie in den USA politisch korrekt Afro-Americans genannt, bis in die 60iger Jahre nicht wählen, hatten eigene Schulen, Kirchen und Ämter.

Natürlich nimmt es uns wunder, wie dies heute aussieht. Zwar scheuen wir uns erst die Frage allzu direkt zu platzieren, doch wie Paddy halt ist, kann er es nicht zurückhalten und fragt die nette Dame gerade heraus: Gibt es heute immer noch Rassentrennung und Diskriminierung der Schwarzen?

Wir sehen, dass die Frau leer schluckt bevor sie antwortet. Doch die Antwort fällt überraschend offen aus.

Ja, meint sie. Die Rassentrennung besteht immer noch in der einen oder andren Weise.

Schnell fügt sie an; Aber die Trennung erfolgt von beiden Seiten. Unsere schwarzen Mitbürger trennen sich klar von der weissen Bevölkerung und eine Vermischung findet kaum statt.

Ihr ganzes Leben verbringe sie nun schon in Natchez, doch könne sie keine Schwarzen zu ihrem engeren Freundeskreis zählen. Zwar gäbe es einige Afro-Amerikanische Gemeindemitglieder, die sie überaus schätzen würde, doch hätte sie es nicht geschafft, eine engere Beziehung mit ihnen aufzubauen. Parallelen zu gewissen Immigrantengruppen in der Schweiz drängen sich uns bei dem Gehört auf. Ablehnung trifft auf Ablehnung und statt Brücken und Verständnis aufzubauen, werden Mauern zementiert – von beiden Seiten.

 

Der folgende Tag besuchen wir einen der grossen Schauplätze des Bürgerkriegs, Vicksburg am Mississippi. Hier wurde zum ersten Mal Coca-Cola in Flaschen abgefüllt, hier schlachteten sich aber auch die Unionisten und Sezessionisten gegenseitig zu Tausenden ab. 

Die Stadt wurde als strategisch wichtiger Ort heiss umkämpft. Die Hügel rundum die Stadt zeugen heute noch von der heftigen Schlacht. Sie sind heute noch von Schützengrüben und Kanonenstellungen zerwühlt - nach über 150 Jahren. Das ganze Umland ist National Historical Site. Als wir auf der kurvenreichen Strasse die Hügel abfahren, fragen wir uns, ob die Amerikaner sich der Grausamkeit eines Krieges bewusst sind; für unseren Geschmack wird alles viel zu sehr glorifiziert.

 

60 Jahre nach dem Bürgerkrieg wurde die Stadt zum Epizentrum einer weltbewegenden Neuerung: Coca-Cola in Flaschen!

Ihr lacht?! Coca-Cola wurde ursprünglich nur als Sirup ausgeliefert. Ausgeschenkt wurde es nur in Apotheken und Bars als Erfrischungsgetränk, dass direkt vor Ort aus Sirup und Sodawasser gemischt wurde. Auf die Idee, dass man dieses Getränk auch abfüllen und verkaufen kann, kam man erst nach über 20 Jahren.


Mit Geld wird alles gut

Wiederholt sind wir nun in den USA mit der Aussage konfrontiert worden, dass hierzulande der Allglaube herrscht, dass mit Geld alles zum Guten gewendet werden kann.

Sensibilisiert von dieser Aussage, haben wir versucht die Nachrichten von einer anderen Seite zu hinterfragen. Mit Erstaunen haben wir folgendes festgestellt. Bei Diskussionen um Missstände geht es nicht darum eine Lösung oder einen Lösungsansatz für ein Problem zu präsentieren, anschliessend zu budgetieren und das Geld dafür zu beschaffen. Nein, es geht immer in erster Linie darum das Geld zu beschaffen und anschliessend darüber zu diskutieren, wie man nun das Geld für die Lösung des Problems einsetzen kann.

Planungskredite und Gutsprachen für Konzipierung von Lösungen wie wir sie kennen, sind hier eher unbekannt. Meist wird gleich mit der grossen Kelle angerührt. Meist führt dies dazu, dass Lösungen nicht den grössten Kosten/Nutzen anstreben, sondern sich nach der Decke strecken – im Guten wie im Schlechten. Heisst, dass für gewisse Lösungen die Finanzen nicht ausreichen oder in anderen Fällen Geld verschleudert wird, nur damit man am Schluss nicht mit zu viel Geld dasteht.

 

Ein anderer Aspekt des „Geld heilt alle Wunden“ hat uns hingegen gänzlich schockiert. Landläufig werden Geldspenden mit Philanthropie gleich gesetzt.

Philanthropie geht bis weit in die Frühzeit der Menschheitsgeschichte zurück und bezieht sich auf die Philosophie des menschenfreundlichen Denken und Handeln.

Uns scheint, dass es vielen der milliardenschweren Spendern nicht so sehr darauf ankommt, wie ihre Spenden zum Nutzen der Mitmenschen und der Welt eingesetzt werden können, als dass sie einem „chicen“ Trend folgen, der ihnen mehr Publizität verschafft.

Ohne die grosszügigen Spenden dieser Menschen herabsetzen zu wollen; wir finden es sehr bedenklich, dass man sich Philanthrop nennen darf, wenn man seine Hände mit Geld reinzuwaschen versuchen oder sich als Mitglied in einem exklusiven Club von Philanthropen nennen darf.

Klar davon ausnehmen wollen wir die Arbeit des Ehepaares Gates und einiger weiterer Superreichen. Sie beschränken sich nicht darauf ihr Geld zu spenden, sondern sind auch aktiv darum bemüht, dass das Geld zum Wohle der gesamten Menschheit eingesetzt wird.


Da es schon spät ist, fahren wir nur noch ein kurzes Stück bis zum Anfang des Parkways. Hier suchen wir uns einen Platz im State Park. Schon den ganzen Tag hören wir im Radio Warnungen vor einem Unwetter und Stürmen. Auch im Besucherzentrum hat man uns gewarnt. So stehen wir nun auf dem Campingplatz und erwarten den Weltuntergang. Die Luft ist warm und die Feuchtigkeit drückend. Die Ruhe vor dem Sturm? Wir fangen früh an zu kochen, damit wir noch vor dem Regen essen können – im Freien.

Inzwischen ist es dunkel geworden und wir verziehen uns ins Auto. In der Ferne hören wir das näherkommende Donnergrollen. Gespannt warten wir auf das angekündigte Unwetter.

Petra hat sich vorgenommen unsere Wäsche zu Waschen. Selbstverständlich giesst es aus Kübeln als sie die Wagentür aufstösst und feststellt, dass wir unseren Stellplatz mitten in einer Überschwemmungszone ausgesucht haben.

Etwas später, ziehen wir vorsichtshalber die externe Stromversorgung aus. Wir wollen nicht, dass der Blitz ins Auto einschlägt. Ein bisschen mulmig ist uns schon als das heftige Gewitter über uns hinweg zieht.

Zum Glück verzieht sich das Unwetter so schnell wie es gekommen ist. Zurück bleibt eine ausgedehnte Wasserlache rund um unser Auto und eine Luftfeuchtigkeit, die das Duschen erübrigt.

Elvis Fieber

Nach zwei Tagen auf dem Natchez Trace Parkway erreichen wir Tulepo. Es ist die Geburtsstadt von Elvis Presley. Leider gibt es in der Stadt ausser dem kleinen Besucherzentrum und der alten Bretterhütte der Familie nicht viel zu sehen. Selbstverständlich will sich Petra, als erklärter Elvis Fan, diese Chance nicht entgehen lassen und wir beenden unsere Fahrtag bereits nach 100 Kilometern mit dem Besuch bei diesem historischen Schrein der Rock Musik.

Wie wir erfahren ist Priscilla Presley, die Ex-Frau von Elvis, vor zwei Tagen das erste Mal seit den 70er Jahren wieder einmal hier gewesen – sie wollte wohl sicher sein, dass wir bei unserem Besuch alles in bester Ordnung vorfinden… Das tun wir dann auch, wenn wir auch nicht gewillt sind die Dame mit einem Besuch im Museum, dem Bretterhäuschen und der Gedenkkappelle um einige Dollar reicher zu machen.

Wir stöbern durch den Gift-Shop und schauen uns den episch-theatralischen Dokumentarfilm über die Jugendjahre Elivs‘ an, knipsen noch drei, vier Photos vom Bretterhäuschen, dann düsen wir wieder ab. 15 Dollar pro Person um Elvis‘ Kinderschuhe zu sehen ist uns dann doch etwas zu viel.


Mississippi Delta

Gretchen-Frage: Wo liegt das Mississippi Delta? Am Golf von Mexiko? Nee, das ist die Mississippi Mündung. Hierzulande wird das Gebiet zwischen Louisiana, Arkansas und Mississippi, Tennessee als Delta bezeichnet. Hier wo der Mississippi Blues herkommt. Tiefste Provinz, alles liegt im oder am Wasser. Der Mississippi verästelt sich hier auf einer Breite von über 50 Kilometer bevor er nach 400km wieder in einigen wenigen Hauptarmen zusammenfindet und sich erst wieder in der Mündung am Golf in einem endlosen Gewirr von Sümpfen und Nebenarmen aufteilt.


Bevor wir uns die Country-Musik Hochburg, der Endpunkt des Natchez Trace Parkway, vornehmen, wollen wir erst noch einen Abstecher in die Rock’n’Roll Hochburg Memphis machen.

Unser erster Stopp ist in Clarkdale. Die Stadt liegt mitten im Mississippi Delta und ist bekannt für seine Blues-Scene. Es ist Dienstag und es läuft überhaupt nichts. So machen wir Mittagsrast in einem der bekannten In-Lokale dem Ground Zero bevor wir direkt nach Memphis weiterfahren.

Ground Zero soll angeblich Morgan Freeman, dem Schauspieler, gehören. Davon merken wir aber nichts als wir die heruntergekommene Industriehalle betreten. Alles ist über und über bekritzelt; Namen, Sprüche, Zeichen, ein Wirrwarr von Graffitis. Innen ist es trotz der Kritzelei gemütlich und auch das Essen ist sehr fein. Begrüsst werden wir allerdings nicht von Morgan Freeman, dafür aber vom Bürgermeister, der gleichzeitig Mitbesitzer des Lokals ist und uns an der Nasenspitze angesehen hat, dass wir Ausländer sind.

 

Am Rande von Memphis finden wir einen kleinen Campingplatz in einem State Park. Die nächsten zwei Tage sind für die Stadt reserviert. Es gibt einiges zu sehen und auch das Nachtleben wollen wir ein wenig geniessen.

Ein interessantes Erlebnis haben wir, als wir im nahen Supermarkt einkaufen. Wohlgemerkt, seit wir im Mississippi Delta unterwegs sind, sehen wir kaum noch Weisse. So auch im Supermarkt. An der Kasse fragt die Kassiererin, ob wir wohl Kleingeld hätten.

Selbstverständlich haben wir; erklären wir und zählen den gewünschten Betrag raus. Hier in den USA seien wir leider nie um Kleingeld verlegen; fügen wir an.

Als die Verkäuferin fragt, was wir damit meinen, erklären wir ihr, wie man in Argentinien Kleingeld beutelweise auf der Strasse kaufen muss um Bus fahren zu können. Etwas erstaunt hört uns das Mädchen zu, welches an der Kasse hilft und unsere Einkäufe in Plastiktüten füllt.

Wie viele Stunden Fahrt das entfernt sei, fragt das Mädchen.

Paddy erklärt ihr, dass sei in Argentinien, in Südamerika.

Doch sie wiederholt und fragt nochmals, wieviele Stunden dies entfernt sei.

Erst als wir ihr erklären, dass man da am einfachsten mit dem Flugzeug hinfliegen würde, geht ihr ein Licht auf – und uns auch…

Die Wetteraussichten für die kommenden Tage sind entmutigend. Zwar soll die Sonne scheinen, doch die Temperaturen schaffen es teils nur gerade knapp über den Gefrierpunkt. Wir hoffen, dass unser Elektroheizer durchhält…


Klassenunterschiede

Vor allem seit wir im Süden der USA sind, wird augenfällig, wie gross die Klassenunterschiede in den USA sind. Zwar wurden wir bereits früher schon mit Begriffen wie „White Trash“ konfrontiert, doch wirklich fassbar waren diese Begriffe für uns nicht.

 

Grob wird in die Gruppen Weiss, Schwarz, Asiaten und Indianer unterteilt.

Weiss wird unterteilt in Mittelstand und Oberschicht sowie den „White Trash“. Auf den Mittelstand und die Oberschicht gehen wir an dieser Stelle nicht weiter ein. Sie sind mit dem Europas zu vergleichen.

Als „White Trash“ wird abfällig eine proletarische Unterschicht bezeichnet, die meist aus den Vorstädten oder vom Land kommt. Oft fehlt es diesen Menschen an den finanziellen Möglichkeiten oder schlicht an den Perspektiven, welche ihnen aus dem Elternhaus oder sozialen Umfeld mitgegeben werden. Viele dieser Menschen leben von der Wohlfahrt und sind stark verschuldet (was andere allerdings auch sind). Die meisten dieser Menschen leben in einfachen Verhältnissen und oft erkennt man ihre Häuser an einem übermässigen Unrat rund um das Haus und im Garten.

Spricht man mit ihnen, sind sie schnell mit Schlagwörtern zur Hand, welche meist aus dem rechten politischen Lager stammen. Ähnliche gesellschaftliche Schichten findet man in den grossen industriellen Ballungszentren Europas.

 

Asiaten, das schliesst auch Inder mit ein, werden als fleissig und lernbegierig angesehen. Sie leben oft in Grossfamilien und haben oft einen ausgeprägten sozialen Zusammenhalt. Kinder werden von den Eltern meist zu schulischen Höchstleistungen angehalten.

 

Indianer sind aus der US-amerikanischen Gesellschaft weitgehend ausgegrenzt. Sie haben sich selbst in den letzten Jahren distanziert und versuchen ihre indianischen Traditionen wiederaufleben zu lassen. Zwar haben sie den Zeitgeist erkannt und versuchen den Spagat zwischen Tradition und Marktwirtschaft.

Leider kommen sie allzu oft unter Beschuss, da viele Indianer Sozialbezüger sind. In ihren Reservaten bietet sich ihnen oft keine Berufliche Zukunft. Eine Abwanderung ist ebenfalls nicht möglich, denn wenn weniger als 75% des Volks im Reservat lebt, fällt das Territorium des Reservates wieder an den Staat. Es ist eine aussichtslose Situation, welche die Indianer ins Abseits treibt.

 

Die Afro-Amerikaner stammen fast ausschliesslich von Afrikanischen Sklaven ab. Manchmal haben wir den Eindruck, dass viele dieser Menschen auch heute noch unter diesem Trauma leiden. Zwar haben sie seit Generationen nicht mehr als Sklaven gelebt, doch Diskriminierung war bis weit in die 60iger Jahre geduldet und auch heute noch nicht ganz verschwunden. Wie uns scheint, haben daraus viele Afro-Amerikaner den Schluss abgeleitet, dass es das Leben der Weissen nicht gut mit ihnen meint.

Die ungenügende Bildung der Eltern, die leicht verfügbare Sozialhilfe und die selbstgewählte Gettoisierung führt bei vielen zu verfrühtem Schulabbruch. Vor allem bei Mädchen kommt das Problem hinzu, dass sie bereits in sehr jungen Jahren Kinder haben, oft schon mit 14 oder 15. Ein Beispiel hat uns vor allem nachdenklich gemacht. Ein 15jähriges Mädchen möchte sehr gerne zur High-School und aufs College gehen. Das Mädchen ist im Zwiespalt, ob sie wohl das Richtige will. All ihre Freundinnen haben schon Kinder. Sie glaubt, dass dies der Normalfall sei und sie doch auch endlich ein Kind haben müsse.

Leider sind auch die Familienverhältnisse sehr oft zerrüttet und viele der jungen Frauen finden keine soziale Unterstützung in ihren Familien. So ist es sehr oft, dass Frauen Kinder von verschiedenen Männern haben. Dies verschlechtert wiederum die Aussichten für die neue Generation auf ein geregeltes und behütetes Zuhause.

 

Es ist traurig zu sehen, wie ganzen Ethnien ein Stempel aufgedrückt wird und ein Ausbruch aus dem jeweiligen Umfeld aufgrund der offensichtlichen Herkunft oftmals sehr schwierig ist.


Memphis für Elvis Fans

Morgens um 7 ist es -5 Grad kalt. Wir drehen die Heizung an und uns im Bett um. 9 Uhr, wenigstens sind die Temperaturen im Fahrzeuginnern nun schon über 10 Grad geklettert – ein Grund aufzustehen.

 

Graceland wartet heute auf uns. Ein schnelles Frühstück, eine warme Dusche und schon geht’s los. Graceland, die Luxusvilla und heutige Pilgerstätte aller Elvis Presley Fans, liegt nur gerade 10 Kilometer von unserem Camping entfernt. Hier werden wir von saftigen Eintrittspreisen empfangen. Zum Glück haben wir unseren (abgelaufenen) TCS-Ausweis, der spart uns 20%.

Zuerst geht es per Shuttle Bus zur Villa Graceland. Dort werden wir durch die heiligen Räume des King of Rock’n’Roll geschleust. Anschliessend bekommen wir in den Nebengebäuden die wirklich eindrückliche Sammlung seiner Goldenen Schallplatten präsentiert. Zum Schluss geht es noch ans Familiengrab der Presleys – dem heiligen Schrein aller Fans.

Per Shuttle Bus zurück, werden uns noch seine Autos, sein 68er Comeback, Flugzeuge, Overalls seiner Bühnenauftritte und schliesslich seine Hawaii-Auftritte präsentiert. Jede Ausstellung mündet kaufmännisch geschickt in einem überladenen Souvenir-Shop, welche die jeweils passenden Memorabilien offerieren.

 

Es ist ein langer Tag und wir sind viel gelaufen. Den Souvenirversuchungen sind wir glücklich entronnen und wir fallen nach einem schnellen Abendessen müde in die Federn. Hoffentlich wird es heute Nacht nicht wieder so kalt…

Memphis im Winter…

… da scheint die Sonne und es ist bitter kalt. Dieser Tatsache scheinen wir nicht entrinnen zu können. Also schlafen wir nochmals ein bisschen länger und vertrauen darauf, dass die Morgensonne unser Auto etwas vorwärmt bevor wir aus den Federn müssen.

 

Heute geht es zuerst zum Indianer-Museum im State Park in dem wir zur Zeit campieren. Es ist eine aufschlussreiche Ausstellung zu den Chocktaw Indianer, welche früher hier gelebt haben. Ihre Kultur lehnt sich stark an die der Mittelamerikanischen Hochkulturen an. Überhaupt scheinen die Indianischen Völker entlang des Mississippis eine sehr hohe Kultur gehabt zu haben.

Anschliessend an die Geschichtsstunde fahren wir ins Stadtzentrum von Memphis - Birthplace of Rock 'n' Roll and  Home of Blues - wie es heisst. Hier bestaunen wir das „welt-berühmte“ Sun Studio (Tonstudio) wo Musik-Künstler wie Elvis, Johnny Cash, B.B. King und viele mehr ihre Plattenaufnahmen unter diesem Label gemacht haben.

Die Beal-Street, ein „Muss“ wie uns versichert wurde. Doch wie es scheint sind wir viel zu früh da und die Strasse ist ausgestorben – wie überhaupt ganz Memphis, scheint die Strasse entsprechend den tiefen Temperaturen in Winterstarre verfallen zu sein.

Also Zeit für ein frühes Apero-Bier und ein paar Snacks. Nach dem Eindunkeln präsentiert sich die Beal-Strasse dann doch noch im Glanz der Neon-Reklamen und wir klappern die zahlreichen Souvenirläden und Musik-Bars ab. Den Abend beenden wir in einer Juke Joint Blues Bar mit Live Band. Es ist ein wirklich spezielles Blues-Erlebnis das richtig grooved.

Damit ist unser Memphis Abstecher zu Ende und am Morgen geht es mit Kopfschmerzen – das waren wohl ein paar Bierchen zu viel - zurück zum Natchez Trace Parkway, den wir in Tulepo wieder aufnehmen.


Chocktaw Kultur

Das Chocktaw Volk lebte östlich des Mississippi in den Gebieten der heutigen Bundesstaaten Mississippi und Tennessee. Sie gehörten zu den Mississippi Hochkulturen. Ihre nachhaltigsten Werke sind die Erdhügel, welche stark den Maya Pyramiden ähneln. Die Chocktaw wurden vor rund 3-4000 Jahren sesshaft und betrieben Ackerbau.

Zusammen mit ihren östlichen Nachbarn, den Cherokees, wurden sie in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Reservate in Oklahoma vertrieben, wo sie auch heute noch leben.

Interessant ist die Kultur unter anderem wegen ihrer Rollenverteilung zwischen Frauen und Männern.

Die Aufgabe der Frau war der gesamte Haushalt und die Gartenarbeit, die Nachkommenschaft, das Sammeln von Wildfrüchten und das Verarbeiten von Wild und deren Produkten daraus. Viel Freizeit blieb daneben wohl kaum.

Auch wenn das Leben einer Frau hart war, so besassen sie eine grosse Ökonomische Sicherheit und Unabhängigkeit durch eine matrialineare Familienstruktur. Alle Besitztümer wurden über die weibliche Blutslinie vererbt. Die Felder waren in Frauenbesitz und wurden gemeinsam vom ganzen Stamm bearbeitet.

Die Frauen hielten sich zwar in der Regel aus der Politik heraus, doch kam es auch mal vor, dass Frauen, die Geschickes Stammes als Häuptlinge leiteten, als Schamaninnen und Heilerinnen wirkten oder gar als Kriegerinnen Feldzüge als Häuptlinge anführten.

Es war nur Frauen erlaubt, die Töpfereien für heilige Zeremonien herzustellen. Auch durften nur Frauen Getreide pflanzen – Männer durften nur bei der Feldarbeit helfen. Das Wachstum des Getreides, die Fruchtbarkeit der Frau, die Mondzyklen und die Sterne sind in der Chocktaw Mythologie und Kultur stark miteinander verknüpft.

 

Macht- und Territorialkämpfe waren Männersache und forderten oft Blut. Das Kriegshandwerk war für Männer die Möglichkeit ihre soziale Position zu verbessern. Ein Krieger konnte zu hohem Ansehen und Respekt gelangen, wenn er die Köpfe seiner Feinde nach Hause brachte. Männer nahmen dafür ernsthafte Verletzungen und den Tod in Kauf. Gefangennahmen durch den Feind gingen mit langsamem Tod und Folter einher.

Heiliges Wissen und mündliche Überlieferung von Geschichte und Tradition war die Domäne der Männer. Sie waren Priester und Krieger. Auch wenn Männer in den meisten Ritualen und Politik bevorzugt und tonangebend waren, so kam ihr sozialer Status nicht an den der Frau heran.

Die Männer des Stammes waren für die Gebäude und die Rodung verantwortlich und halfen auf den Feldern. Sie beschützten die Siedlung mit Palisaden und als Krieger. Als geübte Jäger und Fischer sorgten sie für einen wichtigen Beitrag zur Ernährung welche in der Hauptsache aus Mais bestand.

 

Männer und Frauen wurden als unterschiedliche Wesen betrachtet. Immer wieder gab es Ereignisse währen deren Männer und Frauen nicht zusammen leben durften.

Für die Chocktaw besass eine menstruierende Frau gewaltige spirituelle Kräfte. Während dieser Zeit lebte sie getrennt von andern Menschen in einer speziell dafür gebauten Hütte. In der selben Hütte wurden auch Kinder geboren. Männern war der Zutritt verboten.

Männer im Gegenzug mussten, mehrere Tage vor und nach einem Feldzug in Einsamkeit und Meditation verbringen. 


Hochprozentig

Leider hält das sonnige Wetter von Memphis nicht lange an. Am Ende des Natchez Trace Parkway, südlich von Nashville, Tennessee empfangen uns Wolken. Mit jedem Kilometer nehmen sie zu, an beginnt leichter Regen, der sich bald zu einem Schneegestöber entwickelt.

Da wir noch die Whiskey Distillerie von Jack Daniel's in Lynchburg auf dem Programm haben, entscheiden wir uns diese vor Nashville zu besuchen. Es ist ein Abstecher rund 100 Kilometer nach Süden. Wir haben Glück und das Wetter ändert sich zum Besseren. Sage und Schreibe mit jedem Kilometer wird es wärmer und als wir in Lynchburg einfahren, haben wir bereits 19 Grad und Sonne.

 

Die Distillerie entpuppt sich zu unserer Überraschung als wirklich genauso „laid back“ wie es in den Fernseh Reklamen propagiert wird. Auf der Führung sehen wir kaum Leute und jene die wir sehen, scheinen wirklich alle Zeit der Welt zu haben. Die Uhr scheint hier still zu stehen.

Nach der Führung gibt es noch drei winzig kleine Probierer und dann sind wir auch schon wieder unterwegs. Es ist spät geworden und wir wollen noch den nahegelegenen State Park erreichen.

 

Seit wir in Nordamerika unterwegs sind, haben wir noch nie einen Camping nicht genommen, weil er unseren Ansprüchen nicht genügt hätte – wir sind ja auch eher anspruchslos… Doch was uns heute erwartet schlägt alles. 24 Dollar will die Parkverwaltung für einen Campingplätz mit Sanitären-Einrichtungen welche bereits im vorletzten Jahrhundert gebaut und seither nicht mehr gewartet wurden. Wir drehen auf dem Absatz um und gehen. Alles ist besser als das!

 

30 Kilometer weiter finden wir einen anderen State Park. Hier scheint die Parkverwaltung von Tennessee ähnliche Probleme gehabt zu haben. Nur hat man hier Massnahmen ergriffen: man hat die Sanitären-Einrichtungen kurzerhand geschlossen! Ob und wieviel der Stellplatz kostet wissen wir nicht, denn das Check-In-Büro ist bereits geschlossen.

Leider ist es schon spät und die Nacht bricht herein. Wir sind totmüde und uns ist im Moment einfach wichtig, dass wir Strom haben, um unsere Heizung starten zu können.

Rasch ist gekocht und wir verschanzen uns im Auto. Etwas später klopft der Ranger ans Auto und bittet uns am Morgen im Museum zu bezahlen und die Toiletten beim Check-In zu benutzen – 500 Meter entfernt – hoffentlich haben wir heute Nacht keinen Notfall.

Leider fragt Paddy, was der Platz kostet.

24 Dollar, ist die Antwort.

Wie bitte? 24 Dollar? Wofür?

Der Range erwidert, dass es ihm leid tue, dass die Toiletten und Duschen geschlossen sind, aber er könne leider auch nichts machen.

Wir wärmen uns an diesem Abend noch ein bisschen am Ärger über die Ignoranz der Parkverwaltung und gehen bald zu Bett. Das Thermometer zeigt, dass es draussen nur noch knapp über null Grad herrscht.

Später in der Nacht hören wir wie der Regen auf unser Dach tropft. Als wir am Morgen aufwachen, ist draussen noch alles beim Alten. Doch noch während wir das Frühstück vorbereiten, fallen die Temperaturen und der leichte Regen fängt an auf unserem Auto festzufrieren. Bald ist unser Auto mit einer dünnen Eisschicht überzogen und der Regen geht langsam in Schnee über. Super, genau das haben wir uns vorgestellt, als wir in den Süden zum Überwintern gefahren sind…


Einweg-Geschirr und Convenience Food

Wir sind immer wieder konsterniert, dass bis auf wenige Ausnahmen überall Einweg Geschirr verwendet wird. Einzig in alternativ angehauchten Kaffee-Häusern und in richtigen Sit-In-Restaurants wird Porzellan und Glas verwendet. Ansonsten ist Plastik, Karton und Styropor angesagt.

 

Was uns am meisten schockiert ist, dass in ärmeren Quartieren, die Gestelle im Supermarkt mit Einweg-Geschirr proportional mit der Armut grösser werden. Wie es scheint, ist Einweg auch zu Hause die Regel.

 

Ein weiteres Symptom das uns dabei auffällt ist, dass ebenfalls mit zunehmender Armut in Gegenden die Anzahl der Tiefkühl-Schränke in den Supermärkten wächst. Die Kühlschränke sind vor allem mit Convenience-Produkten und Fertigmahlzeiten gefüllt. Daneben sind auch die Regale mit Kartoffel-Chips und Süssgetränken reichlich und gut bestückt.

 

Nicht etwa, dass die ärmeren Gegenden eigene Supermarkt-Ketten hätten, welche ein anderes Sortiment haben. Nein, es sind dieselben Ketten, welche anderenorts auf Bio und Gesundheit setzen.

 

Nebst der physischen und gesundheitlichen Auswirkung auf die Menschen ist vor allem traurig, dass diese Produkte überproportional mehr kosten, eine Mahlzeit somit teurer ist, als wenn man sie selber zubereitet. Also wiederum Geld, dass nicht gespart und für einen höheren Lebensstandard ausgegeben werden kann.

 

Es scheint wirklich, dass gesunde Ernährung und Umweltbewusstsein mit Bildung einhergehen. Und Bildung scheint hierzulande mit Geld einherzugehen…

 


Johnny Cashs Revier - Country Fieber

Auf der Autobahn zurück nach Nashville wird das Schneegestöber immer dichter und Nashville empfängt uns mit 10cm Schnee. An campieren ist definitiv nicht zu denken. Wir haben die Nase voll und suchen uns ein Motel-Zimmer. Dieses finden wir auch 20 km nördlich der Stadt. Wie schön ist es nach 3 Monaten endlich wieder einmal in einem richtig breiten Bett zu schlafen. Sich in alle Richtungen ausstrecken zu können. Einziger Wermutstropfen: Es ist eines der üblichen Amerikanischen „Schlupfbetten“ – kein Nordisch Schlafen. Überhaupt scheint das „Nordische Schlafvergnügen“ eine streng kontinental europäische Errungenschaft zu sein, weder in Süd- noch in Nordamerika haben wir jemals etwas anderes als „Schlupfbetten“ gefunden – als Betten mit Oberleintuch und Decke.

Und wie sich zeigt, ist unser kleiner Elektroheizer auch in Motel-Zimmern durchaus sinnvoll, da die hiesigen Klimaanlagen nicht auf Temperaturen von -10 Grad ausgelegt sind.

 

Neuer Tag, voller Tatendrang machen wir uns am Mittag auf Nashville zu erkunden. Die Stadt ist uns auf Anhieb sympathischer als Memphis. Zentrale Parkplätze sind aber auch hier nicht preiswert und wir müssen 20 Dollar für den ganzen Tag hinblättern. Dafür sind es aber nur wenige Schritte bis ins Zentrum.

Die Stadt lebt von der Country Musik – es ist unglaublich! Alles, wirklich alles ist auf Country ausgelegt. Der grosse Renner sind Cowboy-Stiefel. Jeder zweite Laden ist ein Stiefel-Geschäft - meist auch mit Cowboy-Hüten und Hemden ausgestattet. Der Rest sind Musikbars und –restaurants.

Gesäumt sind die Strassen von Strassenmusikanten, die der eisigen Kälte trotzen und hoffen dass eines Tages ihr Talent entdeckt wird. Dort wo es keine Strassenmusikanten hat, sorgt die stadtweite, öffentliche Musikberieselung für das nötige Hintergrund-Geplärr.

 

Da es draussen zu kalt ist, verbringen wir den Nachmittag in Schuh- und Souvenirgeschäften. Am Abend schlendern wir die Hauptstrasse entlang und genehmigen uns ein paar Bierchen in den Bars, in denen gerade eine Band spielt, die uns passt.

Höhlenforschung

Eine frostige Nacht später – wir haben wiederum im geheizten Motel-Zimmer hiberniert – fahren wir weiter nach Norden. Unser nächstes Ziel heisst Mammoth Cave National Park. Wir haben uns nach Campingplätzen in der Nähe unsere Ziels erkundigt. Es hat einige. Doch je weiter nördlich wir fahren, desto mehr Schnee liegt am Strassenrand – zusammen mit unzähligen Autos im Strassengraben (Fahren auf Schnee scheint nicht die Stärke der hiesigen Bevölkerung zu sein..). Unsere Entscheidung ist schnell gefällt: Motel-Zimmer.

 

Die Mammoth Caves haben seit heute wieder geöffnet. Die letzten beiden Tage waren sie wegen der ungewohnten Schneefällen geschlossen.

Die Höhlen wurden bereits von den Indianern vor über 3000 Jahren erkundet. Selbstverständlich drangen sie damals nur wenige Kilometer in das Kalkstein-Labyrinth vor. Erst im frühen 19. Jahrhundert wurden die Höhlen weiter erforscht. Im frühen 20. Jahrhundert wurden die Höhlen touristisch entdeckt und seither immer weiter erforscht. Aktuell ist ein weit verästeltest Höhlensystem mit 600 Kilometern bekannt. Die Gänge erstrecken sich über ein relativ kleines Areal von ca. 10 Kilometern Durchmesser. Dafür sind sie in 5 Lagen übereinander angeordnet.

 

Wir kommen heute Nachmittag zum Privileg bei der ersten Tour seit 2 Tagen teilnehmen zu dürfen. Per Bus geht es zu einem künstlichen Eingang, wo wir das Höhlensystem durch eine Luftschleuse betreten. Durch enge Gänge geht es über gut ausgebaute Stege durch das unterirdische Labyrinth. Leider ist eine Gruppe von über 40 Personen nicht sehr dazu angetan, dass man sich Zeit nehmen und die bizarre Höhlen-Landschaft geniessen kann. Wir lassen uns ans Ende der Gruppe zurückfallen, damit wir wenigstens in aller Ruhe ein paar Photos schiessen können.

Nach 2 Stunden geht es zurück an die Oberfläche. Es war ein interessantes Erlebnis. Wahrscheinlich taten wir gut daran, die Höhlen im Winter zu besuchen. Im Sommer muss hier die Hölle los sein.

Unsere weitere Fahrt führt uns noch einige 100 Kilometer durch verschneite Landschaften, dann endlich ist der Schnee weg und die Wiesen präsentieren sich wieder in ihrer braunen Pracht. Unser nächstes Ziel heisst Smoky Mountains National Park. Es wird einer unserer letzten Highlights.

Bereits 70 Kilometer vorher, gleich nachdem wir die Autobahn verlassen haben, ist schon alles auf Smoky Mountains eingestellt. Endlos reihen sich Hotels, Vergnügungsparks und Outdoor-Shops aneinander. Wir machen uns auf das schlimmste gefasst.

Die endlose Kette an Profiteuren des National Parks reisst nicht ab. Sie setzt sich fort bis unmittelbar zur Park-Grenze. Dann, wie mit einem Rasiermesser abgeschnitten, endet die Vergnügungszone und die Natur beginnt.