Chile - Santiago III.

Amtsschimmel

Drei Tage später brausen wir Richtung Santiago und sind 500km später wieder zu Hause. Wir kommen an!

 

Maya, die voraus gefahren war, ist immer noch im Patio. Auch unsere Freundin Katia ist noch im Patio und wir freuen uns sehr, dass wir sie nochmals sehen, bevor sie nach Hause fliegt.

 

Uns steht viel Arbeit bevor. Unsere grösste Sorge ist, dass wir die „Aufenthaltsbewilligung“ für unser Auto verlängern können. An der Grenze konnten sie uns nur die üblichen 3 Monate bewilligen, doch haben wir in Erfahrung gebracht, dass man am Flughafen beim Zoll eine Verlängerung um weitere 3 Monate beantragen kann. Zum Glück ruft Marianna, Armins Frau, erst an, denn so erfahren wir, dass wir ein Schreiben dazulegen müssen. Im Antragsschreiben muss begründet werden, weshalb man das Auto länger als nur 3 Monate in Chile lassen will.

 

Armin und Paddy fahren dann hoffnungsvoll zum Flughafen. Nach einiger Suche finden werden sie zum zuständigen Schalter geführt. Leider weiss die Schalterbeamtin nichts von ihrer Zuständigkeit und wir übergeben die Papiere in unsichere Hände – wenn das nur gut geht… Im Tausch für die Papiere bekommen sie eine Laufnummer, welche die Bearbeitung des Dossiers nachvollziehbar machen soll. Wir dürfen am nächsten Morgen anrufen und nachfragen, wie es mit dem Dossier weitergeht.

Am nächsten Morgen rufen wir an: Ja, kein Problem, wir sollen vorbeikommen, dann könne man die Verlängerung gleich ausstellen. Einzig man müsse eine Person mitbringen, welche sich für das Auto während unserer Abwesenheit verantwortlich zeichnet. Armin erklärt sich bereit, seinen Namen anzugeben, doch sind wir etwas verunsichert, ob er dann nicht Probleme bekommt, wenn er Ende April ebenfalls in die Schweiz reist.

Am Flughafen werden wir dann wieder von einem zum anderen Büro weitergereicht und dürfen am Schluss an einer ominösen grauen Tür warten, bis jemand öffnet.

Leider ist die Sachbearbeiterin, mit der wir am Morgen telefoniert haben, grad beim Mittagessen, doch hilft uns eine Kollegin. Naja, helfen… die Kollegin holt den Chef, der holt eine weitere Mitarbeiterin und diese gibt die Arbeit dann an den Portier weiter. Welcher daraufhin ratlos Papiere in verschiedenen Ordnern hin und her wälzt, bis er sich dann doch entschliesst bei seiner Kollegin zu fragen, wo denn unser Dossier zu finden sei. Die Kommunikationskette spielt auch da und nachdem abwechselnd die Kolleginnen und der Chef die Ordern durchsucht haben, werden sie fündig.

Ah, das Dossier sei ja noch gar nicht fertig. Ja da müssten wir nochmals kommen. So schnell mal in 24 Stunden sei das nicht zu erledigen, wird uns daraufhin mitgeteilt.

Freundlich aber mit Nachdruck, erklären wir, dass die Dame heute Morgen am Telefon erklärt hat, dass sie die Papier gleich ausstellen könne, sobald wir da seien. Nach kurzem hin und her, konsultiert die (erste) Kollegin den Chef, dieser wie gehabt eine (zweite) Kollegin und diese gibt dann dem Portier den Auftrag die Papiere auszustellen.

Nachdem der Portier nach einigen ratlosen Minuten abermals die Hilfe seiner Kollegin in Anspruch genommen hat, natürlich bei jedem Arbeitsschritt betonend, dass er das selbstverständlich schon weiss, sind dann die Papiere fertig. Wie wir mitverfolgen konnten, hatte man die Änderungen im Computer gemacht, doch leider haben wir selbst nichts Schriftliches in der Hand. Hoffen wir also, dass es klappt.

 

Etwas verunsichert sind wir dann aber immernoch, ob Armin bei seiner Ausreise, dann bestimmt keine Probleme hat und vor allem, dass wir das Auto auch ohne Armin wieder auf uns umschreiben können, sobald wieder im Juli wieder da sind. Der Portier erwidert auf unsere wiederholte Nachfrage, dass es vielleicht besser sei, wenn wir eine Notarielle Vollmacht hätten. Als dann seine Kollegin wieder auftaucht und wir auch bei ihr nachfragen, meint diese dann aber sehr klar, dass dies überhaupt kein Problem sei. – Was soll’s, Daumen drücken, wird wohl schief gehen!

Dann müssen wir mit dem Auto noch zum Mechaniker. Wir wollen es durchchecken lassen, um allfällige Ersatzteile aus der Schweiz mitnehmen zu können. Unser Auto ist schnell kontrolliert. Bremsbeläge werden wir wohl aus der Schweiz mitbringen, dann sind es sicher die richtigen. Auch leckt nun endlich der eine Stossdämpfer an der Hinterachse – ist uns recht, denn wir haben schon länger vermutet, dass die Stossdämpfer hinten auch ausgewechselt werden müssen – also lieber hier in Santiago, wo wir wieder eine gute Qualität bekommen als wieder 1000 km mit kaputten Stossdämpfern durch die Pampa zu Schaukeln, wie im letzten Juni.

 

Am Vorabend des Mechanikerbesuchs melden sich noch unsere beiden Französischen Bekannten aus El Bolson. Sie kommen direkt aus Argentinien und haben mit ihrem Landrover ernsthafte Probleme. Kurzerhand nehmen wir sie zum Mechaniker mit.

Die Kontrolle ihres Landrovers etwas länger. Wie sich zeigt, steht es zum Argen und das Problem besteht aus der Summe der unterlassenen Wartungs- und Kontrollarbeiten.

So lassen wir die beiden Franzosen in der Obhut des Mechanikers und fahren zurück ins Patio. Hier ist grosses Reinemachen, Ausmisten, Einpacken angesagt. Alles wird feinsäuberlich in Kisten verpackt und auf dem Dachboden verstaut. Uns ist es lieber, wenn das Auto leer eingestellt wird. Mann, ist das viel Material!

Dann ist es soweit, das Auto ist leer und wir können es einstellen. Bei einem Bekannten von Armin in einem Vorort von Santiago parkieren wir das Auto auf dem Hof. Tschüss und bis in 3 Monaten!¨

 

Nun müssen wir auch noch unser Gepäck für die Heimreise vorbereiten – und stellen fest, dass die Rucksäcke über 27 kg wiegen! Leider sind nur 23kg erlaubt und so müssen wir uns etwas einfallen lassen. Klar dass wir die leckeren Weine von Ruedi nicht hier lassen. Also verzichten wir auf die Kleider und sonstiges Krimskrams – wir haben ja schliesslich in der Schweiz noch unsere restlichen Sachen.

Hoch hinaus

Gleich am Dienstag nach unserer Ankunft – Armin hat uns bereits vorgewarnt – findet im Patio ein Alpenländisches Treffen statt - das kommt halt davon, wenn man auf der Schweizer Botschaft Österreicher einstellt... So haben wir dann einen netten Abend mit Deutsch-Österreichisch-Schweizerischer Beteiligung. Die ganze Patio Crew ist engagiert und wir bewirten über 80 Gäste. Darunter auch Nino und Lukas, zwei Freunde von Armin, welche bei Schindler Aufzügen arbeiten. Wir kennen die beiden bereits und so haben wir ein fröhliches Wiedersehen. Als sie gehen, schwärmt Armin noch vom Besuch der Baustelle, auf welcher die beiden arbeiten. Es ist das Costanera-Center und dort entsteht das höchste Gebäude ganz Südamerikas. Über 170 Lifte werden eingebaut und Schindler ist einige Jahre mit diesem Projekt beschäftigt.

Durch Armins Schwärmen motiviert, werden wir kurzerhand eingeladen die Baustelle zu besuchen. Gleich nächsten Freitag.

 

Der Freitag kommt und wir laufen am Morgen früh zur Baustelle. Nach längerem Suchen finden wir dann endlich den richtigen Eingang. Nicht ganz einfach, denn das, was aus der Ferne einfach nur wie ein Hochhaus aussieht ist aus der Nähe ein gewaltiger Komplex mit Hochhaus, riesiger Shopping-Mall, 5-Sterne Hotel, Wohnhäusern, etc.

 

Am Tor müssen wir uns mit Pass ausweisen und registrieren, dann geht es durch ein Labyrinth von Gängen in die Tiefgarage. Hier unten haben die ganzen Baufirmen ihre Büros. Es folgt ein halbstündiges Sicherheits-Briefing und ein Check, ob wir die Vorschriften verstanden haben – schriftlich natürlich. Dann heisst es warten, denn unser Besuch muss noch von der Bauleitung abgesegnet werden. Dauert nur 5 Minuten!

Eine Stunde später, Lukas und Nino entschuldigen sich für die Verzögerung – immer noch nichts. Die Bauleitung sei in einer Sitzung mit dem Bauherrn.

 

Eine weitere Stunde später kommt das Gerücht, dass die Argentinische Staatspräsidentin, die zurzeit gerade auf Besuch in Chile ist, überraschend vom Bauherrn für eine Besichtigungstour eingeladen wurde.

 

Es ist schliesslich egal aus welchem Grund wir nicht die Freigabe für unseren Besuch bekommen. Gehen wir erst einmal Mittagessen. Vielleicht klappt es ja dann am Nachmittag.

 

Und siehe da, noch während des Mittagessens bekommt Nino einen Anruf und die Freigabe unseres Besuchs.

 

Stahlkappen bewehrte Schuhe, Leuchtweste, Helm und Schutzbrille – in voller Montur dürfen wir eine Stunde später die Baustelle betreten. Es ist gewaltig, die gigantischen Innereien dieses Gebäudes zu sehen. Vor allem ist es aber hoch interessant Einblick in die moderne Technik von Aufzügen zu bekommen. So werden hier doppelstöckige Lifte eingebaut. Die Fahrgäste drücken dabei nicht einfach „den Knopf nach oben“, sondern müssen genau angeben in welches Stockwerk sie wollen. Die Aufzugsteuerung ermittelt dann, mit welchem Aufzug der Fahrgast am schnellsten in die entsprechende Etage kommt und weist den Passagier ein.

Eine kurze Testfahrt bringt uns in den 25. Stock des Rohbaus. Rundherum ist alles noch offen. Bereits hier hat man eine gute Aussicht über die Stadt.

Dann geht es mit dem aussenliegenden Bauaufzug weiter. Im 40. Stock machen wir Zwischenhalt und bestaunen die gewaltigen Elektromotoren der Lifte, die komplett ohne Getriebe funktionieren. Die Seile laufen direkt auf dem Elektromotor – welche Kraft da dahinter steckt.

Als Krönung fahren wir noch in den 62. Stock hinauf. Da der Baulift aussen am Gebäude ist, müssen wir beim Aus- und Einstiegen über einen Steg gehen, der eine eindrückliche Sicht auf den tief untenliegenden Boden gibt – Schluck…

Über uns liegen nur noch 2 Etagen, die sich noch im Bau befinden. Es ist sehr eindrücklich. Wir befinden uns 270 Meter über dem Boden. Alles ohne Verglasung und nur mit einem wackligen Holzgeländer. Alles in allem ist der Besuch die Stunden des Wartens wert. Es ist eindrücklich.

Am Tag vor unserer Abreise, einem Sonntag veranstalten wir dann noch eine Tschüss-Party. Dazu laden wir einige unserer Santiagoer Bekannten ein. Es ist warm und wir geniessen es draussen im Patio unter der Weinlaube zu sitzen. Als wir so gemütlich da sitzen, haben schnell mal einige das Gefühl, dass der Wein mächtig einfährt. Es dauert einige Sekunden bis wir realisieren, dass es nicht der Wein ist, der macht, dass der Boden unter unseren Füssen wackelt. Nein, auch die Blätter der Weinlaube über uns und die Gläser auf den Tischen wackeln bedenklich – ein Erdbeben!

Nun ja, bekanntlich sind Erdbeben in Chile nichts aussergewöhnliches und die meisten Menschen nehmen diese schon fast nicht mehr zur Kenntnis. Gerade vor zwei Nächten sind wir aufgewacht, weil plötzlich die Balken im Haus geknarrt haben. Doch dieses Beben ist nicht einfach nur ein kleines Wackeln. Es ist ein heftiges Beben, wie wir es noch nicht erlebt haben. Internet sei Dank, wissen wir einige Minuten später auch schon, dass es seinen Ursprung rund 300km südlich von Santiago hatte und 6.5 auf der Richter Skala erreichte.

Heimaturlaub

Es ist kaum zu glauben. Wir fliegen Heim! Wir freuen uns, unsere Freunde und Familien wieder zu sehen.

Gleich nach der Ankunft in Zürich geht’s dann auch zu Paddys Schwester in Winterthur und anschliessend zu Petras Schwester in Zürich. Dann nach Luzern und Eltern und Freunde treffen. Es ist unglaublich schön mit welcher Herzlichkeit und Offenheit wir empfangen werden. Wir werden eingeladen bei Freunden zu wohnen – wir fühlen uns zu Hause!

Petra hat auch gleich schon am Montag eine Arbeit bei ihrem früheren Arbeitgeber, doch Paddy muss noch etwas suchen. Dennoch wird es ihm nicht langweilig. Gibt es doch viel Ausrüstung zu erneuern, ergänzen oder zu reparieren.

Ende April ist alles organisiert und wie es sein muss, stellt sich auf Anfang Mai auch eine Arbeit für Paddy ein.

 

Mitte Juni ist dann auch der Grund für unseren Heimaturlaub gekommen. Paddys Vaters 90-igster Geburtstag. Nochmal eine Gelegenheit viele bekannte Gesichter zu sehen.

Nur allzu schnell sind die 3 Montag vorüber. Kurz vor der Abreise bekommt Petra dann die Anfrage von ihrem Arbeitgeber, ob sie denn nicht vielleicht noch 2 Monate bleiben könnte. Wir beratschlagen nicht lange und Petra sagt zu. Nun muss Paddy alleine nach Chile fliegen und das Hostel 2 Monate alleine führen.

 

Die 3 Monate waren sehr intensiv. Fast jeden Abend waren wir unterwegs und haben Freunde, Bekannte und Familie besucht. Entsprechend schweren Herzens fliegt Paddy dann auch am 3. Juli zurück nach Südamerika.

 

Fortsetzung siehe Chile IX