Chile - Santiago II.

31.10.2011

Santiago

Im Patio-Suizo

Rückblickend fragen wir uns, ob es wirklich nur 3 Monate waren, die wir hier waren. Es kommt uns viel länger vor. Es ist interessant zu erleben, wie schnell wir uns an einem Ort einleben und wie schnell wir uns einen Alltag schaffen. Kaum im Patio Suizo angekommen, übernehmen wir unsere Pflichten. Madlen und Linda die bisherigen Praktikanten helfen uns in den ersten Tagen noch, uns zurecht zu finden. Dann sind wir auf uns selbst gestellt – ist uns auch lieber so, denn wir ärgern uns etwas über den Minimalismus, mit dem die beiden in den vergangenen Monaten das Hostal betreut haben.

Wir unsererseits möchten die Chance nutzen und eine neue Erfahrung machen. Gleichzeitig fühlen wir uns auch Armin, dem Besitzer, gegenüber verpflichtet, ihn nicht hängen zu lassen und sein in uns gesetztes Vertrauen zu erfüllen.

 

Arbeitsalltag

Paddy versucht alle kleineren und grösseren Schäden zu beseitigen, Petra schaut für Sauberkeit und Ordnung. Letzteres wird zwar vor allem durch Marisol, der chilenischen Mitarbeiterin, erledigt; doch Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.

Marisol ist eine ehrliche, zuverlässige und selbstständige Angestellt – eine ausserordentliche Seltenheit in Chile. Wie wir uns sagen lassen, ist es mit Hausangestellten so, dass sie entweder gut putzen und diebisch wie Elstern sind oder sie sind ehrlich und verstehen nichtm was es bedeutet sauber zu putzen oder sie quatschen einfach nur den ganzen Tag mit den Gästen, statt zu arbeiten. Armin arbeitet mit Marisol nun schon über 8 Jahre zusammen und ist sehr darum bemüht, dass es ihr gefällt und sie weiterhin bei ihm bleibt. Entsprechend halten wir uns zurück und mischen uns nicht ein. Wenn uns mal etwas nicht gefällt, dann putzen wir selber nach.

Leider glaubt Marisol, dass wir sie beobachten und hat ein Problem damit, denn sie weiss, dass sie ihre Arbeitszeiten nicht einhält. Entsprechend versucht sie uns bei Armin anzuschwärzen. Zum Glück weiss Armin genau wie seine Mitarbeiterin funktioniert und ignoriert ihre Intrigen.

Wie wir erst bei Armins Rückkehr herausfinden, haben wir unsere Arbeit anders als die bisherigen Praktikanten wahrgenommen. Wir waren von morgens früh bis abends spät präsent. Wir arbeiten, reparieren, betreuen die Gäste oder machen unser Auto wieder fit.

Deshalb hatte Marisol auch das Gefühl, dass wir sie beobachten und laufend an Armin berichten.

 

Ebenfalls erst bei Armins Rückkehr finden wir heraus, dass unsere Rolle hier eine komplett andere war als die von Praktikanten. Armin verkündet uns, dass wir für ihn, keine Praktikanten waren sondern seine stellvertretenden Geschäftsführer – nett, dass wir das dann auch noch mitbekommen. Vielleicht hätten wir unsere Rolle Marisol gegenüber auch etwas anders wahrnehmen können. Und wenn es Marisol gewusst hätte, wäre ihre Reaktion dann auch vielleicht etwas anders gewesen.

Bestimmt gäbe es viele Anekdoten und Anekdötchen zu berichten. Doch gehen die einzelnen Geschichten in der Masse des Ganzen unter. Wir haben in der Zeit im Patio viele nette und liebe Menschen kennengelernt. Oft war es schwierig, Abschied von ihnen zu nehmen. Sehr oft sind die Gäste auch um einiges länger geblieben, als sie anfänglich beabsichtigten.

Speziell sind wohl die Mitarbeiter einer deutschen Firma zu erwähnen, die sich bei uns über mehr als 3 Monate eingemietet haben. Zuerst ist da Robert. Er kommt fast zeitgleich mit uns an und blieb 2 Monate. Nach einem Monat kommt dann noch Klaus dazu. Irgendwann einmal löste Ralf dann Robert ab und David den Klaus. Für uns und wohl auch für die Monteure eine schöne Zeit. Denn die Jungs sind samt und sonders sehr nett und für das Patio bedeuteten sie einen fixen Umsatzfaktor während der schwierigsten Jahreszeit.

Robert und Klaus helfen uns am Feierabend auch bei einigen der Reparaturen am Auto.

Die Monteure arbeiten für die Tochtergesellschaft einer Schweizer Kunststoffrecycling-Firma, und installieren grosse Maschinen, die Klebebänder herstellen. Jeden Abend sitzen wir mit ihnen zusammen und sie berichten uns von ihren Arbeitstag. Halt fast wie in einer Familie.

 

Computer-Zeit

Unser Engagement wird mit einem kräftigen Umsatzzuwachs im Vergleich zu den Vorjahren belohnt. Das freute uns und vor allem Armin, der in der Schweiz Geld verdiente, um die umsatzschwachen Wintermonate zu überbrücken.

Neben den ganzen Pflichten nutzt Paddy die Zeit, um wieder einmal ein bisschen im EXCEL zu üben und erstellt kurzerhand eine Reservationsverwaltung (vorher war alles auf Papier), kaum ist er fertigt, krempelt er auch gleich noch den ganzen Reservationsprozess um und transferiert die Papierbuchhaltung in eine elektronische Form – haben wir ein Glück, dass Armin so geduldig und flexibel ist. Jedenfalls freut er sich bei seiner Rückkehr und hat findet, dass ihn Paddy’s Arbeit vorwärts gebracht hat (vielleicht lag’s an den farbigen Grafiken ;-).

 

 

Auto Reparaturen

Auch unser Auto muss unters Messer – oder besser unter Hammer und Schraubenzieher. Diverse kleine und grosse Arbeiten stehen an. Was uns vor allem Bauchweh bereitet, ist der Reserveradträger. Schon länger macht er uns Probleme. Wie ihr euch vielleicht erinnert, haben wir ihn im März erwischt, wie er sich beim Öffnen der Tür selbstständig gemacht hat. Damals war es eine gebrochene Schraube. Mittlerweilen löst sich die Ersatzschraube täglich, selbst Kontermutter und Locktide nützen nichts mehr. Dann stellen wir auch noch fest, dass die Befestigungsplatte an der Carosserie sich vom Blech gelöst hat. Und zu guter Letzt, dass das Blech darunter gerissen ist. Opla! – eine grössere Sache. So gilt es erst einmal einen entsprechenden Schlosser zu finden. Oh Wunder, gleich in der nächsten Querstrasse hat es einen.

Den Termin bekommen wir auch schon in einer Woche und so steht Paddy (mit eigenem Werkzeug) eine Woche später bei ihm auf der Matte. Schnell ist der Reserveradträger demontiert, dann fängt das Ahh, Ohhh, Ähh, Hmmm an. Was den jetzt? Der Schlosser will sich gleich mit dem Schweissgerät an die Arbeit machen, doch Paddy steht auf die Bremse; zuerst muss die Farbe und der Rost runter, dann sehen wir mal, wie gross der Schaden überhaupt ist.

Eine Stunde später; Ups, so eine Sch… da ist ja ziemlich viel gerissen. Der clevere Vorbesitzer unseres Autos hat den Reserveradträger mit Schraubnieten am Karosserieblech befestigt. Als wir vor einigen Jahren den Rost am Auto machen liessen, hatten wir den Schlosser gebeten, die Nieten zu entfernen und auf der Innenseite grosse Metallplatten anzubringen, damit es besser hält. War nix! Also ist auch auf die Handwerker in der Schweiz nicht immer Verlass. Die Schraubnieten sind immer noch drin und auf der Rückseite hat es keine Metallverstärkung. Nun ist klar, was zu tun ist.

Die Metallverstärkungen sind Stunden später fertig – es ist ein echte Herausforderung für Paddy den Handwerker nicht zu pushen und ihm vorzuschreiben, wie er es machen soll und dennoch Einfluss zu nehmen, damit er es so macht wie Paddy es will. Na ja, die Auffassung von Qualität und Sicherheit sind in der Welt sehr unterschiedlich.

Als Paddy ihn dann darauf aufmerksam macht, dass eine Verstärkung auf der Innenseite das Problem nur vorübergehen löst, steht der Schlosser mit einem langen Gesicht da: Ja wieso denn nicht? Es ist dann etwas kompliziert auf Spanisch zu erklären, wie die Kräfte auf das Blech einwirken, doch schlussendlich versteht man sich und der Schlosser organisiert ein Stück Alublech, das er dann zurechtbiegt. Über Form und Gestaltung des Teils sei an dieser Stelle geschwiegen. Jedenfalls haben wir bei der Rückkehr im Patio in 5 Stunden Arbeit die ganzen Verstärkungen für innen und aussen noch in die richtige Form gebracht, mit Rostschutz versehen, mit Silikon abgedichtet und passende, rostfreie Schrauben montiert. Am liebsten hätten wir es dem Schlosser mit einem Vorher/Nachher Photo präsentiert.

Auch um unsere Standheizung hatten wir uns gekümmert. Dank unserer Freundin Priska, zu ihrem Besuch kommen wir dann später noch, haben wir eine neue Standheizung. Über unseren Mechaniker in der Schweiz haben wir eine neue Standheizung gekauft. Man stelle sich das vor. Kauf in der Schweiz und Transport nach Chile ist am Schluss günstiger, als wenn wir es in Santiago gekauft hätten. Das zeigt wie hoch das Preisniveau in Santiago ist!

Jedenfalls hat Paddy, kaum ist Priska mit dem Riesenkarton eingetroffen, sich ans Werk gemacht. Unser Schweizer Mechaniker hat schon so etwas wie „Geduld und Spucke“ verlauten lassen; deshalb haben wir uns auch gewappnet und in Geduld gefasst beim Einbau. Doch dass es schlussendlich eine Woche dauert, hätten wir nicht gedacht. Vor allem am Schluss – unsere beiden Dauergäste Robert und Klaus haben uns noch tatkräftig beim Verkabeln geholfen – es läuft nicht! Also nochmals alles durch kontrollieren, ausmessen, ausprobieren: Nichts! Niederschmetternd!

Am nächsten Tag macht sich Paddy nochmals ans Werk. Nochmals alles durchtesten und ausmessen. Nochmals alles versuchen: Nichts! Schlussendlich entschliesset er sich, alle Verbindungen zu überprüfen. Erst als er einige Anschlüsse versuchen zu überbrücken, geschieht das Wunder: Es funktioniert! Na also, alles gut verlöten und fertig ist das Kunstwerk. Den Lötkolben schon in der Hand findet Paddy den eigentlichen Fehler. Ein Kabel steckt zu tief in einem Kabelschuh. Das blanke Kabel hat keinen Kontakt zum Kabelschuh! Wenn man das mit Absicht erreichen will, geht’s es bestimmt nicht. Soooo ein blöder Fehler! Schnell das Kabel umgebogen und etwas Lötzinn drauf: Voilà die Standheizung läuft auch ohne Überbrückungen. Uff…

Dann noch schnell die ganzen Durchgänge durch die Carrosserie abdichten und fertig – ja von wegen schnell… zuerst einmal hitzebeständiges Silikon finden und zwei Kartuschen Silikon verarbeiten. Über und über mit Dreck und Silikon verschmiert liegt Paddy einen halben Tag unter dem Auto, dann ist auch das geschafft. Was man nicht alles für ein warmes Nachtlager tut.

Am Auto sollte auch noch alles nachgesehen werden, Öle, Keilriemen, etc., etc. Wir entschliessen uns, dies einem Mechaniker zu überlassen. Woche um Woche schieben wir den Termin hinaus, doch schliesslich haben wir keine Zeit mehr und fahren zum Mechaniker. Schnell ist alles nachgesehen – alles OK… ausser: Lenkgetriebe und Alternator. Das Lenkgetriebe liessen wir schon einmal nachstellen, doch der Mechaniker ist nicht zufrieden; das Spiel ist zu gross. Er meint, dass es in so einem Fall nur noch ausgetauscht werden kann. Auch beim Alternator hat er seine Bedenken. Im Moment läuft er noch gut, doch mittels Stock-Stetoskop (siehe Photo) stellt er fest, dass es etwas kratzt und rumpelt – Low-Tech sei Dank, haben wir eine Frühdiagnose.

Nach einigen Tagen Abklärung, teilt uns der Mechaniker mit, dass er die Teile besorgen kann. Lieferfrist: 4 Wochen! Neeee, so lange wollen wir nicht warten. Kommt noch dazu, dass die Teile über 3000 CHF kosten würden. Alternativen sind gefragt.

Nach Rücksprache mit unserem Mechaniker in der Schweiz – Merci Resu für deine Geduld! – könnten wir einen Alternator innert Wochenfrist durch Armins Frau aus der Schweiz bekommen. Bezüglich des Lenkgetriebes meint er nur, dass er noch nie erlebt hätte, dass das Getriebe futsch gewesen wäre, wir sollen doch selbst nochmals versuchen, das Getriebe nach zustellen. Das Nachstellen durch uns beseitigt das Spiel des Lenkrades zwar dann nicht komplett, doch ist es anschliessend viel besser.

Und für den Alternator finden wir dann auch noch eine kostengünstigere Lösung vor Ort mit einer Revision und dem Ersetzen der Lager.

 

Haus Reparaturen

Entsetzt sind wir, als uns die beiden Vorgänger-Praktikanten verlassen und wir ihr Zimmer betreten. Die teure Bodenheizung ist völlig zerknittert und wir hoffen, dass sie noch läuft. Das ganze Fenster samt Vorhang ist verschimmelt und das Bad braucht dringend eine Renovation, da sich auch hier der Schimmel breit macht. Die beiden haben hier gehaust, nicht gewohnt; nie gelüftet, nie geputzt und das ein halbes Jahr lang.

Marisol, obwohl eine gute Freundin der beiden, ist verärgert und wir sind konsterniert. Das Zimmer soll in einem Tag vermietet werden. Wir brauchen dringend eine Lösung. Wir räumen unser Zimmer für den Gast und übersiedeln in unser Auto.

Eiligst kaufen wir Schimmelentferner, Silikon und Farbe. Dann wird geschrubbt und gescheuert. Auf den Knien fegt Marisol einen Tag lang die Fugen in der Dusche, bis alles sauber ist – und leider auch die Dusche nicht mehr dicht, denn es ergiesst sich ein Wasserfall in die darunterliegende Küche.

Zwei Tage sind wir dann dran, das Bad abzudichten und neu zu streichen. Dann kommt noch ein neuer Teppich rein und wird zusammen mit der Bodenheizung sauber verlegt. Erst jetzt können wir es für unsere Gäste frei geben.

 


Geld und Kredite

Südamerikaner halten es mit den Finanzen wie die US-Amerikaner. Man hat niemals kein Geld. Denn wird das eigene Konto einmal leer, kann man es von der Bank wieder auffüllen lassen. Dies geschieht meist unkompliziert und ohne grössere Sicherheiten. Ein festes Einkommen zählt am meisten. Die Höhe der bestehenden Schulden interessiert meist keinen. So sind die meisten Südamerikaner bis über beide Ohren verschuldet – was aber keinen stört.

Im Gespräch mit einer Filialleiterin einer Bank in Chile erwähnten wir einmal, dass diese Kredite hohe Risiken darstellten. Wir wurden prompt eines besseren belehrt. Diese Kredite stellen aus Sicht der südamerikanischen Banken kein Risiko dar, sondern eine langfristige Kundenbindung. Es sei doch gut, dass man diese Kunden für den Rest ihres Lebens auf sicher hätte, meinte Sie, so könne man als Bank ein permanentes Einkommen aus den Zinsen gewährleisten.

Den Einwand, dass man schlussendlich den geschuldeten Betrag abschreiben und die bezahlten Zinsen gerade mal ausreichten, um die Zins-Zahlungen der Bank zu denken, lies die Bankerin nicht gelten.


Freunde

Und dann war da noch Betrand und Cloe mit ihren Kindern, eine Familie aus Frankreich. Sie hatten sich bei uns angemeldet und schon vorher angekündigt, dass sie ein Auto kaufen und ausrüsten. Als sie dann kamen, stellte sich schnell heraus, dass wir auf der gleichen Wellenlänge lagen und schnell entstand eine Freundschaft. Auch die beiden Kinder Marie-Louise und Anis sind zwei liebenswerte kleine Knirpse; frech genug um nicht langweilig zu sein, aber doch sehr anständig und wohlerzogen.

Ihr Auto hatten sie bereits aus Frankreich bei einem Schweizer in Santiago ausgewählt, der sich auf den Verkauf von Reisefahrzeugen an Europäer spezialisiert hat.

Etwas überrascht kommen sie nach der ersten Besichtigungstour zurück. So gross hätten sie sich das Gefährt dann doch nicht vorgestellt. Wir sind auch etwas überrascht, als wir es einige Tage später zum ersten Mal sehen. Es ist ein Kleinlaster auf Basis eines Pickups mit einer Kühlbox, welche zu einem Wohncontainer umgebaut wurde. Alles ist zwar solide gemacht, wirkt aber sehr handgestrickt. Als Paddy Betrand dann beim Durchschauen des Fahrzeugs hilft, klopft er mit dem Fuss an die Schwelle – Oh Schreck! Der Rost fällt in Zentimeter dicken Brocken ab. Betrand und Cloe sind konsterniert als sie weiter klopfen und das Auto auf weitere Roststellen überprüfen. Überall hat es Löcher, zum Teil faustgross. Mechanisch mag das Auto ja OK sein, doch wirkt der ganze Rost nicht vertrauenserweckend. Das Auto wird jetzt noch etwas genauer angeschaut, obwohl sie bereits das Geld dafür überwiesen haben. Ganze 25'000 Euro haben sie dafür bezahlt und das für ein Auto, das 8-jährig ist und einen Container-Wohn-Aufsatz der 5-jährig ist und insgesamt neu 60'000 Euro gekostet hat – man rechne selbst... Wir helfen ihnen bei einer oberflächlichen Rostbehandlung und dabei das Auto auszurüsten. Vor allem sind wir erstaunt über den ganzen Papierkrieg, der ein Autokauf in Chile mit sich bringt. Betrand und Paddy sind einen ganzen Tag unterwegs, um alles zu erledigen.

Als sie dann aufbrechen, verabreden wir uns in Argentinien eine Strecke zusammen zu fahren.

Mitte September ist es soweit: Unsere Freundin Priska besucht uns. Wir haben uns lange darauf gefreut. Auch haben wir die Situation weidlich ausgenutzt und ihr eine lange Einkaufsliste geschickt inklusive einer neuen Standheizung. Priska ist einigermassen gestresst über die viele Ware, die sie mitbringen soll. Wir versuchen sie möglichst gut auf die Reise vorzubereiten mit Unterlagen, Rechnungen und Instruktionen für den Chilenischen Zoll. Nebst ihrem Gepäck hat sie noch eine grosse Kiste mit dabei. Als sie losfliegt drücken wir ihn und auch uns die Daumen, dass alles ankommt, unbeschadet ist und sie keine Probleme hat.

Nicht schlecht staunen wir, als sie, mit allen ihren vielen Gepäckstücken, kurz nach der Landung bereits aus dem Zoll marschiert. Glücklich, dass sie da ist, schliessen wir sie in die Arme. Es hat alles geklappt und wir freuen uns, dass sie endlich bei uns ist.

Mit dem Gepäck hat auch alles funktioniert und selbst den Schweizer Käse hat sie durch den Zoll gebracht – offiziell deklariert, wohlgemerkt! Was so speziell daran ist? Chile ist extrem restriktive bei der Einfuhr von Lebensmittel. Käse im Speziellen ist sehr schwierig einzuführen. Doch da Priska den Käse mit grossen "Pasteurisiert"-Klebern versehen hat, haben wir nun das Vergnügen, in feinen Greyerzer und Emmentaler beissen zu dürfen. Ahh, wie ist das fein. Eigentlich lächerlich, was man vermisst, wenn man länger weg ist: Familie, Freunde, Käse und Brot!

Nach dem Willkommens-Geknutsche mit Priska macht sich Paddy sogleich daran die Standheizung auszupacken – Weihnachten!!! Kurz darauf verschwindet er unter und im Auto.

Priska und Petra unternehmen derweil Ausflüge durch Santiago, in die Shopping-Malls und nach Valparaiso

 

Wochenende in Argentinien

In der zweiten Woche von Priskas Besuch läuft unser Visum für Chile ab. Wir müssen mal schnell nach Argentinien rüber und wieder nach Chile einreisen. Wir nutzen die Gelegenheit, um Priska den grenznahen El Leoncito National Park zu zeigen. Wir waren im April schon einmal dort und es hat uns sehr gefallen.

Zwei weitere Gäste im Patio, Rolf und Judith aus Zug, wollen ihren einjährigen Geschäftsaufenthalt in Chile ebenfalls mit einer Rundreise abschliessen und schliessen sich uns für den Ausflug nach Argentinien an. Das trifft sich gut, denn so kann Priska mit den beiden mitfahren und wir müssen nicht zu Dritt in unserem Auto sitzen (ist nur ein Zweiplätzer).

Als wir dann bemerken, dass unser Visum nicht 3 Monate sondern 90 Tage dauert, wird der Aufbruch plötzlich überstürzt. Auf den Tag genau reisen wir nach Argentinien aus.

 

Den ersten Abend verbringen wir in Uspallata auf Camping Municipal, wo wir schon bei unserer letzten Durchreise übernachtet haben. Wie schon letztes Mal, brennt auch jetzt wieder ein grosses Feuer im angrenzenden Feld (ist es die Müllhalde?). Dieses Mal rückt sogar die Feuerwehr an und schaut zu wie die Flammen sich langsam durch das 2 Meter hohe Gras fressen und dabei eine gewaltige Rauch- und Feuerwand vor sich her schieben.

Hustend genehmigen wir uns ein Raclette – schliesslich muss der Ausflug gebührend gefeiert werden. Leider ist es aber noch sehr kalt und so kriechen wir schon bald in die Federn. Priska schläft bei uns im Auto, Paddy hat für sie sein Teil des Bettes geräumt und schläft im Schlafsack unten auf dem Einbau – zum Glück hat unser Auto zwar nur 2 Sitz- aber 4 Schlafplätze…

Nach einer sehr kühlen Nacht, Judith ist am Morgen steifgefroren und will wieder nach Santiago zurück, geht die Fahrt weiter zum Nationalpark. Wieder ist es eine eindrückliche Fahrt über das weite Hochtal. Auch dieses Mal fahren wir noch eine Runde auf dem ausgetrockneten See. Es ist faszinierend wie man mit Vollgas auf die Wasser-Fatamorgana zufahren kann und sich das vermeidliche Nass immer weiter zurückzieht.

Nach dem Rennen auf dem See, fahren wir in den Park. Es ist alles noch beim Alten, einzig die Rangerin hat einen dicken Bauch und die Blätter der Bäume sind nicht mehr braun, sondern grün – und es steht ein Wohnmobil da – das von Cloe und Bertrand! Wie klein die Welt ist!

Herzlich ist die Begrüssung. Die nächsten Tage vergehen mit einer Wiederholung der Wanderung durch den Park und mit Faulenzen. Endlich ist es wieder warm und wir können uns die Sonne auf den Bauch scheinen lassen. Paddy bastelt mit den Kindern Schiffe und die Erwachsenen spazieren oder faulenzen. Die 3 Tage sind schnell vorbei und wir machen uns wieder auf den Rückweg nach Santiago. Der kurze Urlaub hat uns gut getan. Zu sehr sind wir – selber schuld – im Hostel festgehangen.

 


Ratenzahlung

Kennst du Ratenzahlungen? Allenfalls warst du bereits einmal in der Situation etwas in Raten zu bezahlen. In Mitteleuropa geht es dabei meist um Beträge von mehreren tausend Franken. In Chile ist das anders. Hier kann man selbst eine Pizza, die 3 Franken kostet in Raten bezahlen. Dazu muss man keine grossen Anstrengungen unternehmen. Vielmehr wird es dem Kunden standardmässig angeboten. Egal ob im Restaurant, im Supermarkt oder beim Autohändler, an der Kasse wird man nach der Kundenkarte gefragt, ob man bar oder mit Karte bezahlt und… „Quotas?“ – Ratenzahlung. Es gehört zum Teil schon so selbstverständlich zur Zahlungsart, dass man nicht einmal gefragt wird Ob man in Raten zahlen will, sondern in wie vielen Raten man bezahlen will.


Auf unsere Nachfrage, wie man die vielen Ratenzahlungen verwaltet und den Überblick behält, entgegnet man uns, dass das Sache der Kreditkarten-Firma ist. Für den Konsumenten reduziert sich die Angelegenheit auf das Bezahlen der monatlichen Rechnung des Kreditunternehmens.

Dass es dabei regelmässig und auch permanent zu Schulden kommt, muss hier nicht weiter erwähnt werden – doch das ist ein anderes Thema.


Schreck

Doch so leicht kommen wir nicht nach Argentinien zurück. Zuerst haben wir am Zoll noch eine Schreckensstunde. Bei der Einreise nach Argentinien hat der Zöllner vergessen, Priska einen Stempel in den Pass zu machen und hat sie auch nicht im Computer registriert – ein gewaltiger Fehler! Denn nun mach der Argentinische Zoll Probleme und ohne Ausreisestempel des Argentinischen Zolls kann Priska nicht nach Chile einreisen.

Eigentlich idiotisch, denn Priska ist zusammen mit Rolf und Judith im Auto gesessen, hat zusammen mit ihnen den Pass dem Chilenischen Zöllner gegeben, der hat alle drei Pässe abgestempelt und sie alle zusammen an seinen argentinischen Kollegen weitergegeben. Dass der dann nur zwei Pässe abgestempelt und registriert hat, ist ein klarer Fehler und Priska konnte gar nichts manipulieren. Das wissen auch die argentinischen Zöllner auf dieser Seite des Passes, dennoch müssen sie beweissen, dass sie wichtig sind und verlangen ein Bussgeld von 300 Pesos ( CHF 75 ). Rolf und Judith zeigen schon erste Auflösungserscheinungen bei der Diskussion mit der Zöllnerin und wollen schon einlenken und bezahlen. So nicht! Paddy drängt sich vor und mischt sich ein. Eines haben wir auf unserer Reise gelernt: Geduld und Spucke! Blabla, blabla! Wieso, wieso nicht, du weisst doch, aber, aber, aber. Die Kolonne hinter uns wird immer länger und länger. Aussitzen heisst die Devise. Nach einer halben Stunde wird nun die Zöllnerin nervöse und übergibt schlussendlich an ihren Chef, der sie die ganze Zeit über aus dem Hintergrund aufgefordert hat, die Busse zu kassieren. Ha! Nun sind wir beim Richtigen.

Klar kann er nun nicht einfach einlenken, das wäre ein Gesichtsverlust für ihn. Also bittet er uns in sein Büro. Schaut nochmals den Pass durch und im Computer nach. Nein, er hätte nichts, ob wir einen Übernachtungsbeleg in Argentinien hätten, fragt er. Klar Belege vom Supermarkt und so aber nix mit einem Namen drauf. Er will schon wieder auf die bisherige Argumentation zurückkommen, als Paddy meint, dass wir nicht bezahlen würden. Wir könnten auch Priska einfach da lassen und die Argentinier sollen dann selber schauen, wie sie nach Hause kommen würde – oder wir einigen uns darauf, dass es nicht sein Fehler, aber auch nicht unser Fehler ist; dass beim Arbeiten halt mal zwischendurch Fehler passieren und er hier jetzt die Gelegenheit hätte zu beweisen, wie grosszügig, freundlich und hilfsbereit Argentinier und die argentinischen Behörden seien. Er mucks noch etwas hin und her, nimmt dann einen Imigrations-Zettel raus, lässt seinen Stempel drauf knallen und gibt ihn uns zum Ausfüllen. Damit können wir nun durch den Zoll und er hat sein Gesicht gewahrt, denn seine Kollegen haben nun das Gefühl, dass wir in seinem Büro die Strafe bezahlen mussten.

Leider ist dann aber auch schon Priskas Abreisedatum da und sie muss wieder nach Hause fliegen. Wir verabschieden uns schweren Herzens von unserer Freundin. Zu kurz war die Zeit.

 

Rückkehr Armin

Irgendwann kurz nach der Ankunft von Priska ist auch Armin zurückgekehrt. Er ist alleine gekommen; Mariana, seine Frau, arbeitet noch bis Anfangs November in der Schweiz.

Obschon wir uns darauf vorbereitet haben, ist es nicht einfach, die Fäden im Hostel wieder abzugeben, zu sehr gefällt uns die Arbeit, zu tief haben wir uns eingearbeitet und uns mit dem Hostel identifiziert. Es bleibt uns nur noch die Radikalmethode. Petra, schon von Natur aus etwas zurückhaltender, geht mit Priska auf die Piste. Paddy verzieht sich unters Auto und ins Zimmer.

 

Kurz vor Armins Rückkehr hat Lydia, eine brasilianische Studentin, als Praktikantin angefangen, zusätzlich auch noch Silvio, Rolfs und Judiths Sohn. Die zwei sollten sich wie üblich das Pensum im Patio teilen. Doch leider ist Lydia mit dem früh aufstehen überfordert. Entweder ist sie zu spät dran oder dann schlurft sie in Pantoffeln und Wintermantel herum. Man merkt, dass sie sich nicht wohl fühlt. Eine Woche später meldet sie an, dass ihr das Pensum zusammen mit dem Studium zu viel sei – man merke: 3 Tage Studium in der Woche. An drei Tagen hat sie Frühdienst von 7 Uhr bis 11 Uhr, dann Präsenzzeit bis abends, wenn die Gäste eintreffen. Während der Präsenzzeit kann sie problemlos und meist auch ungestört etwas tun.

Ihr Hauptproblem ist aber vor allem, dass sie zu wenig Zeit hat, um mit ihren Freunden aus zu gehen. Armin legt ihr dann nah, etwas anderes zu suchen, wo sie sich besser einteilen kann.

Da Lydia nun wegfällt ist Armin froh, dass uns der Abschied schwer fällt. So bleiben wir halt noch ein, zwei Wochen bis er jemanden gefunden hat.

 

 

Einbruch im Patio

Heute Morgen ist Paddy etwas früher unterwegs. Er hat schlecht geschlafen. Die ganze Nacht sind Jugendlichen nach einer der üblichen Studenten-Demos um die Häuser gezogen und haben Party gemacht.

Beim morgentlichen Lichterlöschen gemerkt er, den Grill, der vor dem Haus steht. Auf ihm steht einer der Bierkisten – halb voll – wie es scheint, hat Armin gestern auch noch etwas Party gehabt und mit Gästen noch zwei, drei Biere gekippt.

Etwas später kommt Armin und fragt uns dasselbe; habt ihr gestern noch etwas Party gehabt und einige Biere gekippt. Wir schauen uns gross an. Neee! Armin und Paddy inspizieren nochmals den Vorgarten. Weder Armin noch wir haben den Kasten Bier oder den Grill aus dem Patio in den Vorgarten getragen. So eine Schweinerei! Da ist jemand eingebrochen und hat sich am Bier gütlich getan!

Etwas später kommt Petra rein und meint, ob uns eine Flasche im Vorgarten auf den Boden gefallen ist. Ha! Da haben die Idioten nicht nur einen halben Kasten Bier geklaut und den Grill zum Übersteigen des Zauns genutzt, sie haben auch noch die leeren Flaschen zurück in den Vorgarten geschmissen.

Erst am nächsten Tag merken wir, dass auch noch Armins Velo weg ist. Ein Gast hat es sich ausgeliehen und nicht abgeschlossen.

Nun ist das Bild komplett. Da sind einige Jugendliche besoffen über den Zaun eingestiegen, haben sich das Velo und ein paar Flaschen Bier geschnappt, dann den Grill in den Vorgarten geschafft, um wieder über den Zaun hinaus zu gelangen. Ärgerlich doch nicht weiter tragisch. Dennoch die Konsequenz ist, dass Armin einen Schlosser bestellt, um den Zaun zu erhöhen. Dazu wird ab sofort das Haus in der Nacht abgeschlossen. Eine echt doofe Massnahme, da wir uns im Patio immer sehr sicher gefühlt haben. Überhaupt ist es der erste solche Vorfall seit dem Bestehen des Patios.