Namibia

Wie kommt man auf die Idee nach Namibia zu reisen? - keine Ahnung. Wahrscheinlich ein
Massenphänomen. Jedenfalls fanden wir nach unserem Entscheid nach Namibia heraus,
dass wohl sicher die Hälfte der Schweizer Bevölkerung 2004 mit dem gleichen Urlaubsziel
verreiste. — Naja, jedenfalls sind wir „voll im Trend“.
Auf diesem Trip begleitete uns unsere Freundin Priska, eine ausgewiesene Wüstenexpertin.

 

Der Plan
Windhoek - Fish River Canyon - Lüderiz - Namib Wüste/Sossusvlei - Swakopmund -
Skelettküste - Etosha N.P. - Windhoek

 

Die Reise
Die Reise begann mit der Erkenntnis, dass die Welt klein ist!
Bereits vor unserer Abreise haben wir uns in Windhoek ein Zimmer im Cameleon
Guesthouse gebucht. Übrigens sehr zu empfehlen, vor allem kann man sein Fahrzeug auf
dem Hof parkieren, der bewacht und umzäunt ist.


Jedenfalls kaum angekommen treffen wir einen Chilenen, trinken ein Bier, um so „die Lage
zu sondieren“. Da vernehmen wir, dass zur Zeit zwei Schweizer mit dem Velo ebenfalls in
der Cameleon Lodge abgestiegen sind. Die Überraschung war gross, denn es stellte sich
heraus, dass die bewussten Schweizer unsere zwei Bekannte Patrizia & Brö waren, die
bereits seit 2 Jahren mit dem Tandem in Afrika unterwegs sind! Es braucht wohl nicht
erwähnt zu werden, dass das Treffen ein riesiges Hallo war.
Unglaublich wie man sich per Zufall irgendwo auf der Welt treffen kann!
Da ist es dann auch nicht mehr verwunderlich, dass die Bekannte von Priskas Freund, die
auch zur gleichen Zeit nach Namibia unterwegs war, genau Patrizia & Brö besuchte - die
Welt ist halt ein Dorf…


Das Treffen war herzlich, doch im Gegensatz zu unseren Freunden hatten wir nur 3 Wochen
und eine ganze Menge auf dem Programm. So verabredeten wir uns dann am nächsten
Morgen, mit der Abmachung, dass wenn möglich wir uns nochmals treffen und fuhren mit
unserem Toyota Condor Richtung Süden.
Kennt Ihr Toyota Condor’s? Wir bis dahin auch nicht. Gibt es als 2WD oder 4WD, hat das
Format eines kleinen 4WD (Lada Niva-ähnlich) Wir hatten einen 2WD. Genug Platz für uns
drei und unser Gepäck. Nicht schlecht!


Erste Station war Keetmanshoop. Ein kleiner Roadside-Stop. Wie wir erst noch lernen
mussten sind diese Art von Ortschaften recht weit verbreitet in Namibia. Das heisst, die
meisten Ortschaften würden wir als Dörfer oder Weiler bezeichnen.
Überhaupt fühlten wir uns in Namibia sofort an Australien erinnert. Wären die Paviane
Känguruhs gewesen, hätte es sehr gut gepasst. Die Orte liegen weit auseinander und die
Menschen sind freundlich.


Unsere erste Nacht im afrikanischen Busch verbrachten wir auf einem kleinen Camping mit
Köcherbäumen. Eine faszinierende Variante der uns bekannten Aloe.
Am nächsten Tag ging es weiter zum Fish River Canyon. Der zweitgrösste Canyon auf der
Erde. Wirklich gigantisch.


Viele Besucher beüben sich mit einer mehrtägigen Wanderung am Grund des Canyons. Das
wäre vielleicht sogar für uns interessant gewesen, doch leider muss man sich bis zu einem
Jahr im Voraus anmelden… Naja, wir haben das Bier dann halt ohne Wanderung genossen.
Direkt am Canyon im Nationalpark liegt ein schöner Campingplatz.
Entlang am Fish-River ging es dann Richtung Lüderiz. Nach einem platten Reifen und einem
ebenfalls beinah plattgemachten Reserverad (Blech war verbogen und hatte den Reifen
aufgeschlitzt) kamen wir dann in Lüderiz an.
Lüderiz entpuppte sich als sehr deutsche Kleinstadt am Meer. Leider stürmte es sehr stark
und wir mussten uns ins Backpacker begeben. Der Sandsturm hielt dann auch, am
kommenden Tag auf dem Rückweg nach Klein Aus an.
Dazu kam noch, dass Paddy irgend einen „Bug“ erwischt hatte und sich mit Fieber auf dem
Rücksitz krümmte. Doch auch das war überstanden als wir in Klein-Aus auf einem
wunderschönen Camping ankamen. !!! SEHR EMPFEHLENSWERT!!!


Am nächsten Tag machten wir uns auf den Weg Richtung Norden. Im Thiras Gebirge auf
einer deutschen Farm verbrachten wir eine sehr kalte Nacht. Doch dies wurde entschädigt
durch eine wundervolle Aussicht und die Felsmalereien von San ganz in der Nähe. Die
Farmerin, Frau Koch, hat für uns am Abend vorher noch eine ausgedehnte Führung
gemacht.


Am Tag darauf ging es dann Richtung Sossousvlej weiter. Da in Südafrika gerade
Schulferien und viele Südafrikaner in Namibia unterwegs waren, entschieden wir uns dafür
nicht direkt nach Sossousvlej zu fahren sondern etwas „um die Ecke“ die Nacht zu
verbringen.
Im letzten Licht des Tages fuhren wir auf den letzten 100 Meter bis zur Abzweigung zur
Farm, als es passierte. Gerade als wir abbogen, wollte ein hinter uns fahrendes Fahrzeug
überholen. Zwar konnte er in unserer Staubfahne nichts sehen, doch dachte er wohl, dass er die Strecke gut genug kennt um auf der Geraden zu überholen. Unglücklicherweise standen wir zu diesem Zeitpunkt ausgerechnet quer in auf der Fahrbahn.
Tja, mit 80 km/h ist auf einer Schotterstrasse nicht so einfach zu bremsen. Bumm!!!!
Petra, auf der Rückbank, sah das Auto noch kommen, Priska und Paddy hingegen sahen
nichts. Nach dem Aufprall hat Priska als Erste reagiert. Ist aus dem Auto gesprungen und hat versucht die Fahrertüre zu öffenen, da Paddy bewusstlos hinter dem Steuer sass. Die Tür war vom Aufprall aber völlig verbogen und an ein Öffnen war nicht mehr zu denken. Auch kam Paddy wieder zu sich und kletterte über die Beifahrer Seite aus dem Auto.
Paddy hievte dann Petra von der Rückbank ù zum Glück sass sie nicht auf der Seite des
Aufpralls. Irgend etwas stimmte aber auch mit Petra nicht denn mit einem Aufschrei verlor
auch sie beim Herausheben kurzfristig das Bewusstsein.

 

Während Priska zu Petra schaute, torkelte Paddy noch immer benommen über die Strasse
zum anderen Auto auf der gegenüberliegenden Strassenseite. Nach etwas Zeichensprache
war klar, dass dem Fahrer des ebenfalls stark demolierten Autos nichts zugestossen war.
Paddy holte ihn aus dem Auto und setzte ihn zu Petra in den Schatten.

 

Es lief wieder einmal ab wie in einem Film. Kaum Personen geborgen, tauchte die Farmerin
mit zwei Gästen auf ù einem Päärchen aus der Schweiz. Obwohl die Verständigung mit
Yvonne, der deutschen Farmerin kein Problem darstellte, war es trotzdem eine Erleichterung sich in dieser Situation nicht mit Hochdeutsch abmühen zu müssen sondern
Schweizerdeutsch sprechen zu können. So übernahmen die beiden Schweizer dann auch
die Photodoku des Unfalls für die Versicherung.

 

Yvonne fackelte nicht lange, setzte Priska und Petra in ihr Auto und fuhr sie die 3km zur
Farm. Wärenddessen räumte Paddy alles Gepäck zusammen und fuhr dann mit der zweiten
Fahrt ebenfalls zur Farm. Yvonne beauftragte ihre Mitarbeiter das verunfallte Auto zu
bewachen.

 

Zu unserer Überraschung schafften die Arbeiter es sogar, nach einem Reifenwechsel das
Auto aus eigener Kraft bis zur Farm zu fahren.

 

Auch wenn der andere Fahrer den Unfall verursacht hatte, so bedauerten wir ihn dennoch,
dass er von seinem Chef verdonnert wurde die Nacht über im verunfallten Auto auszuharren.

 

Denn das Auto hatte er unerlaubt von seinem Arbeitgeber, dem namibischen
Strassenunterhalt, für private Zwecke „ausgeliehen“. Dieser Aspekt hatte zu folge, dass er
nicht versichert war und wir die ganzen Kosten selber tragen mussten resp. mit unserer
Versicherung und Selbstbehalt abdecken mussten.

 

Wie sich herausstellte, war Karsten der Farmer ein Tierarzt, was für eine Erleichterung.
Lacht nicht! Wenn ein Arzt ein Säugetier behandeln kann ohne ihm Fragen stellen zu
können, so wird er wohl einen Menschen, ebenfalls ein Säugetier ;-), diagnostizieren
können.


Petra hatte eine extrem starke Prellung im Gesässmuskel und der ganze Rücken war ein
riesiger blauer Fleck. Priska hatte das ohnehin schon etwas schiefe Becken noch mehr
„verschieft“ und Paddy hatte ein Schleudertrauma, denn er hatte versucht mit dem Kopf die
Fahrertür-Scheibe einzuschlagen.


Unser Glück im Unglück war, dass wir bei Karsten und Yvonne gelandet waren. Die Beiden
sind einfach suuuper lieb und haben alles für uns gemacht, um uns zu helfen und den
Aufenthalt in Namibia doch noch zu einem (positiven) Erlebnis zu machen.

 

Am nächsten Tag hatte Petra noch Bettruhe. Paddy und Karsten erstellten einen Unfall-
Rapport den sie dann auf die Polizei nach Marienthal bringen wollten. Nicht schlecht
gestaunt haben wir dann (vor allem Karsten und Yvonne) als dann die Polizei am Morgen
gleich selbst auftauchte. Wir liessen uns sagen, dass die Polizei in Nambia normalerweise
kein Auto oder kein Benzin hat um sich ausserhalb der Ortschaften um Unfälle zu kümmern.
Normalerweise geht man bei einem Unfall zur Polizei, sie kommt nicht.

 

Da aber der Chef des anderen Fahrers kam um das Auto abzuschleppen, hat er den
Polizisten mitgenommen. Wir nahmen den Polizisten dann wieder mit nach Marienthal, wo
Paddy zusammen mit Karsten den Unfall Rapport auf dem Polizeiposten machten wollte.
Als erstes wurden sie zum Captain geführt, der begrüsste sie mit allem Pipapo und reichte
sie weiter zu seinem Lieutenant. Der wiederum machte seinerseits ein Pipapo und reichte sie weiter zum Serganten, und so weiter und so weiter. Karsten verabschiedete sich nach dem Serganten und meinte, dass er keinen Nerv hätte und noch etwas vom Automechaniker bräuchte. Paddy endete schlussendlich in einer Schreibstube mit 4 Polizisten, die sich stritten wer denn nun den Rapport für dieses Weissbrot ausfüllen müsse (interessant wie viel Afrikaans man mit Schweizerdeutsch versteht ;-) ). Jedenfalls musste Paddy sich das Lachen verklemmen und bekam einen jungen Polizisten zugeteilt, der sich mit dem vorgefertigten Durchschlags-Block herum plagte ù es ist interessant wie oft man das Kohlepapier verkehrt oder am falschen Ort einlegen kann ù vor allem bei einem Block mit chemischem Durchschlags-Papier ù grinsgrins ù aber Lachen darf man nicht ù es ist eine
todernste Angelegenheit.
Zum Glück verlor dann ein anderer Polizist nach einer Stunde die Geduld und verscheuchte
den jungen Kollegen, der beim hinausgehen eine ordentliche Alkoholfahne hinter sich
herzog.
Der neue Polizist hatte dann aber die ähnlichen Probleme und erst mit vorsichtigem
Zureden, schaffte man es dann nach 2 weiteren Stunden einen offiziellen Rapport
auszufüllen.

 

Also Trophäe durfte Paddy dann die Nummer des Polizei-Rapports mitnehmen, die man für
die Versicherungsmeldung braucht. Er traf sich mit Karsten im Pub, wo die beiden erst
einmal den (Amtsstuben-)Staub mit einem Bier runterspülen mussten.
Während dessen hatte Europcar, die am Vortag über den Unfall informiert wurden, ein neues Auto aus Windhoek gebracht. Priska nahm das Fahrzeug entgegen, nicht ohne ihre zwei Tage zuvor erhaltene Instruktion was man alles an einem Auto kontrollieren muss,
einzusetzen. Der Fahrzeugüberbringer war nicht schlecht erstaunt, als Priska sich unter die
Motorhaube schwang und alles ganz genau kontrollierte ù mein lieber Freund von der
Autovermietung, auch Frauen können das!

 

Am nächsten Tag stand Priska und Paddy der Sinn bereits wieder nach Abenteuer und sie
fuhren zur Nachbar Farm „Bülsport“ zum Reiten. Als ungeübter Reiter baute Paddy auch da
schon fast wieder einen Unfall als er versuchte mit seinem Pferd einen Galopp zu reiten.
Tags darauf organisierte Karste für uns drei einen Rundflug über Sossousvlej mit einer
kleinen Cessna ù der absolute Hammer! So etwas Schönes haben wir alle drei noch nie
gesehen. (siehe Photos)

 

Nachdem Rundflug wollten wir dann Sossousvlej aber auch noch am Boden erkunden.
Karsten veranstaltete einen Ausflug mit allem Drum und Dran. Es war ein sehr schöner,
erlebnisreicher Tag.

 

Als Krönung wurden wir dann noch auf die Game-Farm von Karsten und Yvonnes Landlord
geladen. Da wir nicht wie geplant zum Etosha Nationalpark fahren konnten, hatten wir dort
die Gelegenheit viele der Wildtiere des südlichen Afrikas zu sehen. Eine rasante Fahrt auf
einem Hochsitz über Stock und Steine ù die Photos sind alle unscharf…

 

Zu erwähnen ist noch, dass wir unsere Freunde Patrizia und Brö dann wirklich noch erreicht
haben und sie uns auf der Farm von Karsten und Yvonne besuchten.

 

Langsam wurde es Zeit daran zu denken wie wir nach Hause kommen. Ein neues Auto
hatten wir, doch für Petra war jeder Kilometer auf den Holperstrassen eine Tortur. Wir
entschieden uns auf geradem Weg nach Walvisbay zu fahren und auf der Asphaltstrasse
über Swakopmund nach Windhoek zurückzukehren.

 

Die Strecke nach Walvisbay führte uns über einen wunderschönen Pass entlang einer
Mondlandschaft zu den ältesten Pflanzen dieser Welt (Welwitscha). Von Walvisbay fuhren
wir direkt weiter nach Swakopmund zu Karsten und Yvonnes Tochter. Wir leisteten uns ein
Hotelzimmer da an zelten nicht mehr zu denken war.

 

Nach einem ausgedehnten Tag voll Souvenir-Shopping und Holz-Giraffen-Verpackung ging
es zurück nach Windhoek und wieder nach Hause in die warme Schweiz.
Lieber Karsten, liebe Yvonne, vielen herzlichen Dank für alles was ihr für uns getan habt.
Liebe Leser, wenn ihr nach Namibia fahrt, verpasst nicht Karsten und Yvonne zu besuchen.
Sie haben heute eine Guesthouse in Swakopmund und Karsten organisiert wunderschöne
Safaries nach euren Wünschen (www.taro-tours.de)


Nachtrag: Priska verlor 3 Wochen nach unserer Rückkehr ihr Arbeitsstelle. In ihrem
nächsten E-Mail an Karsten und Yvonne erwähnte sie dies, worauf prompt der Vorschlag
kam, sie solle doch für ein halbes Jahr als Praktikantin auf die Farm kommen. 3 Monate
später war Priska wieder in Namibia. So hat alles Schlechte auch sein Gutes ù think pink!