Lettland

24.07.2010

 

Lettland überrascht uns. Wahrscheinlich waren unser Erwartungen zu sehr, dass Litauen, Lettland und Estland als baltische Staaten sehr ähnlich sind. Litauen haben wir als sehr skandinavisch, sauber und gepflegt wahrgenommen. Kaum in Lettland werden wir von sehr schlechten Stassen empfangen. Rumplig, mit Flicken übersät, ähnlich denen in Bulgarien und Rumänien. Dass die meisten Nebenstrassen nicht asphaltiert sind, kennen wir schon aus Litauen. Das ist auch nicht wirklich störend, denn da fühlen wir uns mit unserem LandCruiser zu Hause.

 

Die Dörfer in Lettland sehen viel ärmlicher aus und auch die Gärten sind nicht mehr wirklich als gepflegt zu bezeichnen. Einzig die unvermeidlichen Teiche findet man auch hier wieder.

 

Nach einer Nacht auf einem schönen Campingplatz besichtigen wir als erstes Kuldiga, eine alte Stadt mit vielen schönen Holz- und Steinhäusern. Anfänglich sind wir etwas erstaunt, dass die durchwegs sehr heruntergekommenen Gebäude als Sehenswürdigkeit empfohlen werden. Doch nach einer halben Stunde Bummel durch die Strassen merken wir, dass die Häuser eine spezielle Ausstrahlung haben. Selbstverständlich wäre es schön, wenn die Häuser alle gepflegt und neu angestrichen wären, doch würde dadurch dem Ort der etwas raue Charme abhandenkommen.

Weiter geht es zum Kemeri National Park nahe Riga. Hier soll es schöne Boardwalks geben. Leider sind diese nicht mehr vorhanden (wohl kein Geld mehr, die vor 5 Jahren mit EU-Geldern gebauten Wege weiter zu unterhalten). So begnügen wir uns mit einem kurzen Boardwalk beim Hauptbüro des Nationalparks, auf dem wir von Mücken richtiggehend perforiert werden.

 

Da die Tage lange hell sind, ist uns noch nicht ums Campieren und kurzentschlossen fahren wir weiter bis zum Schloss Rundales im Süden von Lettland. Ein Schloss, fast so schön wie Versailles. Nicht ganz so gross, doch ebenso prachtvoll und mit einem sehr schönen Park. Nur leider sind wir etwas spät dran und wir können das Innere des Schlosses nicht mehr besichtigen, dafür spazieren wir aber durch den fantastischen Park und geniessen die eindrückliche Stimmung, die die aufziehenden Gewitterwolken erzeugen.

16.08.2010

Lecava (LV) – Riga (LV) – Pärnu (EST) – Viitna (EST) – Tallinn (EST) – Helsinki (FIN) – Lohikoski – Oravi – Kielua – Kopravaara – Joensuu – Ahjola – Pyhä

Von Schreibermühe und Art Nouveau

Ja wo fängt man an, wenn man zu faul ist und sich die letzten 4 Wochen nichts „von der Seele geschrieben“ hat? Mit dem Schreiben ist das so eine Sache, man setzt sich hin, entschlossen das Reisetagebuch nachzuführen, doch die Muse küsst einem nicht. Es dauert und dauert; man zwingt sich anzufangen, aber die Gedanken fliessen nicht.

 

Doch plötzlich taucht man ein, ist nicht mehr im Hier und Jetzt, ist weit weg; Tage und hunderte von Kilometern entfernt. Alles was man erlebt hat ist plötzlich wieder da und läuft ab, wie in einem Film. Es ist beinahe schon so, als würde man den Körper verlassen und in der Zeit und im Raum zurückreisen. Erst mit dem Niederschreiben des Reiseverlaufs findet man Kilometer um Kilometer in die Gegenwart zurück. Die Rückkehr ist wie das Auftauchen mit einem U-Boot. Stück für Stück kehrt die Realität zurück: der Tisch an dem man sitzt, die Wärme (oder manchmal auch die Kälte), der Wind, der Geruch der Luft; alles wird wieder gegenwärtig.

 

Gerade heute ist so ein Tag. Es ist schwül-heiss bei 34° Grad. Am liebsten würden wir nur im Wasser liegen und vor uns hindösen. Doch das Reisetagebuch fordert wieder einmal sein Recht ein. So steigen wir ins U-Boot, schliessen den Deckel und tauchen ab, um unsere Reise nochmals zu erleben:

 

Gespannt fahren wir von Lecava nach Riga. Riga soll eine vibrierende Metropole sein. Ganz anders als das restliche Lettland. Eine schöne Stadt, soll es sein. Mit vielen Sehenswürdigkeiten. Die Erwartungen sind hoch.

 

Der City-Camping in Riga ist etwas speziell, denn er liegt auf dem Messegelände, gleich hinter den Ausstellungs-Hallen. Schatten ist ein Fremdwort und wir werden nicht nur von Preisen, sondern auch von der Hitze fast erschlagen.

 

Wir platzieren uns gleich neben einen Zürcher Land Rover. Hannes und Lukas sind 4 Wochen unterwegs und wollen bis ans Schwarze Meer fahren. Ambitionös. Da werden wohl noch weniger Stopps drin liegen als bei uns.

 

Heute Abend leisten wir uns wieder einmal ein feines Abendessen auswärts. Von zwei Deutschen haben wir den Tipp für ein nahegelegenes Restaurant bekommen. Und wirklich, es ist sehr schön am Fluss gelegen, mit einem tollen Ausblick und einem eigenen Jachthafen. Spektakulär ist auch das Gebäude selbst da es an eine Mini-Ausführung der Londoner „Gurkin“ erinnert.

Das Abendessen ist sehr fein und jeden Lats wert. Feiner Fisch mit einem guten Wein… hmm. So liesse sich jeden Tag dinieren.

 

Tags darauf entschliessen wir uns die Fahrräder zu nehmen, da die Stadt sehr weitläufig ist, und wir uns ein umfangreiches Sightseeing-Programm zusammengestellt haben. Top fit und ausgeschlafen, satteln wir am nächsten Morgen die Velos. Heute nehmen wir uns Riga vor.

Über den Fluss geht es in die „Neustadt“-Quartiere. Sie liegen geometrisch ringförmig um die Altstadt herum und wurden Anfang 20. Jahrhundert errichtet. Viele der Häuser sind im Art Nouveau-Stil gebaut.

 

Mit offenem Mund stehen wir dann in Strassen, welche von Häusern im Art Nouveau-Stil gesäumt sind. (Kann uns jemand erklären was der Unterschied zwischen Art Nouveau und Art Deco ist?) Wunderschön sind die Häuser und in einer überwältigenden Menge. Wir wissen gar nicht, wo wir hinschauen sollen. Zu viele Details, Ornamente, Statuen und architektonische Raffinessen. So wandern wir durch ganze Quartiere, Innenhöfe und Parks. Es ist einfach nur beeindruckend. Leider sind einige der Häuser in einem bemitleidenswerten Zustand, doch haben wir den Eindruck, dass immer mehr dieser Häuser neue Besitzer haben, die sehr viel Wert auf deren Erhalt legen. Wir hoffen es für die Kunst und auch für Riga.

 

Der zweite Teil unserer Tour führt in die Innenstadt, doch zuvor bekommen wir ein SMS – von David, unserem australisch-deutschen Freund aus Vilnius. Er hat unser Auto auf dem Camping in Riga gesehen und fragt, ob wir uns treffen wollen. Klar treffen wir uns. Doch zuerst radeln wir noch durch die Innenstadt von Riga.

 

Die Innenstadt von Riga ist an sich schon ein Erlebnis. Es gibt viele verwinkelte, schmale Gässchen mit vielen schönen Häusern aus dem Mittelalter. Irgendwie haben uns die Art-Deco Häuser so fasziniert und gefangen genommen, dass wir die Innenstadt kaum richtig wahrnehmen. Dazu fängt es noch an zu Regnen. Somit ist auch klar, dass wir auf dem geraden Weg zum Camping zurückfahren.

Mit David verbringen wir dort noch einen schönen Abend mit ein paar Bier und viel Gequatsche.

Da David mit seinem Fahrrad in die gleiche Richtung weiter will wie wir, bieten wir ihm an, dass er eine Strecke mit uns fahren kann. Kurzerhand packen wir am Morgen sein Fahrrad hinten ins Auto, quetschen David hinter die Sitze auf eine Kiste und fahren in den nahegelegenen National Park. Von hier aus wollen wir verschiedene Sehenswürdigkeiten besuchen. David macht es sich ab hier auch wieder auf seinem Drahtesel bequem.

Wir wären gerne noch geblieben, doch der Wagen, der rollt…

Die Sehenswürdigkeiten sind schnell geklärt. Die erste sind Höhlen, welche sich als Mini-Grotten (nicht einmal 2m tief) entpuppen. Unsere Enttäuschung ist wohl verständlich, da wir 2 Euro Parkgebühren entrichten und uns durch eine Busladung Touristen wühlen mussten. Bei der nächsten Sehenswürdigkeit machen wir schon beim Anblick des vollen Parkplatzes und der vielen Bussen rechtsumkehrt und fahren weiter nach Estland.